„Aktion Solidarität“ – Identitäre entern Nordstream 2

Lubmin. Eine Gruppe rechter Aktivisten von der „Aktion Solidarität“ versuchte am Vormittag des 29.8., in das Nord-Stream-2-Gelände einzudringen, um die umstrittene Gasleitung eigenhändig aufzudrehen. In den sozialen Medien geht derzeit ein Video viral, auf welchem der österreichische Kopf der „Identitären Bewegung“ verkündet, man wolle die derzeitige Gaskrise eigenhändig beenden. „Die Deutschen haben ein Recht auf dieses Gas. Nordstream2 wurde vom Volk bezahlt und gehört dem Volk. Wenn die Regierung nichts tut müssen wir selbst aktiv werden.“, so Sellner.
„Nur wenn wir als Volk zusammenhalten schaffen wir es da durch. Die Aktion Solidarität tritt daher gegen Teuerungen, suizidale Sanktions- und Migrationspolitik und die Vernichtung Deutscher Interessen, Deutscher Zukunft und Deutscher Identität an. Wir stehen für ein souveränes, möglichst autarkes und nachhaltiges Deutschland, indem die Interessen der Deutschen an oberster Stelle stehen. Deswegen fordert wir ein Ende der selbstzerstörerischen Sanktions- Bevölkerungs- und Energiepolitik, und eine souveräne Außenpolitik“. Es folgte ein massiver Polizeieinsatz, um die Aktivisten festzusetzen. Diese hatten sich jedoch bereits vom Gelände entfernt.

Die Hanse Rundschau hat beim Identitärenchef Sellner nachgefragt:

„Die Parole der Aktion lautet: deutsche Interessen zuerst. Die globalistischen Eliten, die in Kauf nehmen, dass Millionen Deutsche frieren, indem sie das Gas aus Nordstream 2 zurückhalten, haben deutsche und europäische Interessen verraten. Deswegen sagten wir uns: wir machen das jetzt selbst.“ Haben die Identitären mit Aktionen wie diese Grenzen überschritten, die eine Bekämpfung durch den Inlandsgeheimdienst rechtfertigen? In den Augen des umstrittenen Wieners nicht:
„Unser Aktivismus ist gewaltfrei aber wirkmächtig. Anders als linksextreme Terrorbanden und Mittelmeerschlepper, die sogar noch staatlich finanziert werden, brechen wir nicht das Recht. Wir wollen es wiederherstellen. Die Deutschen haben ein Recht auf Nordstream 2, weil sie es bezahlt haben. Es könnte jederzeit veröffentlicht werden. Darauf macht unsere symbolische Aktion aufmerksam. Der Verfassungsschutz sieht darin vielleicht eine „extremistische, relevante Delegitimierung des Staates. Aber der ist ohnehin lägst zum Regierungsschutz mutiert und wird von keinem ernsthaften Demokraten mehr ernst genommen.“

Die 1.234 km lange Gaspipeline Nord Stream 2 wurde nach zehn Jahren Bauzeit im September 2021 fertig gestellt und kostete die Investoren zwischen 9,5 und 11 Milliarden Euro. Nach Angaben des russischen Energiegiganten Gazprom kann diese bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich nach Deutschland transportieren und ist bereits gänzlich befüllt. Dass die Auslieferung des dringend benötigten Energieträgers noch nicht erfolgt, wird offiziell mit einer nicht erfolgten Zulassung der Bundesnetzagentur begründet. Allerdings ist die Verhinderung der Öffnung auch politisch motiviert: So nennt Wirtschaftsminister Habeck (Die Grünen) eine Öffnung der Gaspipeline einen „dramatischen politischen Fehlschlag“ und ein „Einknicken vor Moskau“ angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine. Allerdings sorgte der Bau der Pipeline bereits 2020 international für Aufsehen, als die USA mit Sanktionen drohten, sollte die Gasleitung in Betrieb gehen. Hintergrund ist eine damit verbundene Verflechtung mit der russischen Wirtschaft und eine verringerte Abhängigkeit vom umstrittenen Fracking Gas von Übersee.

Die Identitäre Bewegung (IB) ist eine europaweit agierende Jugendbewegung mit ideologischer Nähe zur Neuen Rechten. In Abgrenzung zur biologistischen „Alten Rechten“ wird das Konzept des „Ethnopluralismus“ vertreten. Kritiker sprechen von einer neuen Spielart des Rassismus. Ihr primäres Ziel gilt dem Kampf gegen den von ihnen so bezeichneten „Bevölkerungsaustausch“ durch Migranten aus dem afrikanischen und vorderasiatischen Raum. In der Vergangenheit weitete die Gruppe ihr Themenfeld aber auch auf Bereiche wie die öffentlich-rechtlichen Medien, Linksextremismus oder den „Great Reset“ – initiiert durch das Word Economic Forum (WEF) – aus. Der deutsche Ableger existiert seit 2012 und zählt rund 500 Mitglieder. Seit 2019 ist die umstrittene Bewegung Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes.

In Mecklenburg-Vorpommern trat man in den vergangenen Jahren regelmäßig mit verschiedenen Aktionen in Erscheinung. So veranstaltete man 2020 einen Protestumzug unter dem Motto „GEZ sabotieren – NDR boykottieren.“ Vor dem Büro der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Stralsund wurde ein symbolischer Friedhof in der Fußgängerzone errichtet, um „der zahllosen Opfer zügelloser Einwanderung in unser Land zu gedenken.“ Internationales Aufsehen erregte die Platzierung eines Grabsteines mit der Aufschrift „Meinungsfreiheit – Bewegungsfreiheit – Versammlungsfreiheit – Demokratie“. Der Staatschutz nahm Ermittlungen auf, die bis heute jedoch ergebnislos blieben.

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