Caffier räumt Probleme beim Verfassungsschutz ein

Berlin (dpa)

Der frühere Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier (CDU), will erst nach Jahren von zwei problematischen Vorgängen in der Verfassungsschutz-Abteilung seines Ministeriums erfahren haben. Als Zeuge im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt sagte Caffier am Donnerstag, er habe sich, als ihn Staatssekretär Thomas Lenz 2019 darüber unterrichtet habe, «sehr geärgert». Konkret geht es um den Hinweis eines Informanten des Verfassungsschutzes von Mecklenburg-Vorpommern auf mögliche Kontakte des Attentäters Anis Amri ins Berliner Clan-Milieu, der in der Behörde versenkt worden war, sowie um einen fingierten Waffenankauf. Im Verfassungsschutz in Schwerin waren über längere Zeit eine Dekowaffe und eine Schrotflinte aufbewahrt worden.

Er habe den Leiter der Verfassungsschutz-Abteilung, Reinhard Müller, trotz dieser Fehlleistungen nicht abberufen, weil dieser zuvor jahrelang gute Arbeit geleistet und mit ihm zusammen mehrere Krisen durchgestanden habe, sagte Caffier. Er fügte hinzu: «Man mag mir das als Fehler auslegen, aber ich stehe dazu.»

Der Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember 2016 in Berlin einen Lastwagenfahrer erschossen. Mit dessen Fahrzeug raste er über den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, wo weitere elf Menschen starben. Der abgelehnte Asylbewerber war den Behörden schon vorher als islamistischer Gefährder aufgefallen. Nach dem Attentat floh er nach Italien, wo er von der Polizei erschossen wurde.

Der Untersuchungsausschuss hat die Aufgabe, Behördenfehler rund um den Anschlag aufzuklären. Seine Vernehmungen hatten zum Rauswurf von Müller beigetragen. Der neue Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Torsten Renz (CDU) hatte Müller am 13. Januar in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Der FDP-Obmann im Ausschuss, Benjamin Strasser, hält das für nicht ausreichend. Er sagte, Renz (CDU) habe den Fall «etwas voreilig abgehakt».

Renz war im November als Nachfolger von Caffier vereidigt worden. Caffier, der Jäger ist, war nach Kritik an einem Waffenkauf zurückgetreten. Zum Waffenhändler gab es Hinweise auf rechtsextremes Gedankengut.

Berlins Innen-Staatssekretär Torsten Akmann räumte unterdessen erhebliche Defizite bei den Sicherheitsbehörden der Hauptstadt ein. Die Beamten würden zum gewaltbereiten Islamismus inzwischen aber besser geschult als zum Zeitpunkt des Anschlages. Außerdem würden mehr Observationskräfte eingesetzt, sagte Akmann im Bundestag. Heute könne kein islamistischer Gefährder in Berlin mehr «davon ausgehen, dass er nicht unter Beobachtung steht».

Am späten Abend sollte auch noch der ehemalige Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD), vernommen werden. Er sagte in Düsseldorf, im Fall Amri sei den Sicherheitsbehörden «eine fatale Fehleinschätzung unterlaufen». Auch wenn die beteiligten Beamten «nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt» hätten.

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