Foto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
Schwerin (dpa/mv)
Zwei Tage nach dem Rücktritt von Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hat der Innenausschuss des Landtags am Donnerstag mehrere Stunden über das mutmaßlich rechtsextreme Netzwerk «Nordkreuz» debattiert. Innenstaatssekretär Thomas Lenz (CDU) beteuerte dabei erneut, dass Caffier beim Privatkauf seiner Waffe Anfang 2018 nichts von möglichen rechtsextremistischen Bestrebungen des Händlers habe wissen können.
«Ich habe mich persönlich um die Aufarbeitung des gesamten Ablaufs gekümmert und gemeinsam mit meinen Mitarbeitern alles akribisch geprüft», sagte Lenz. In Schwerin hätten bis Mitte 2018 nur Unterlagen vorgelegen, in denen zwar der Name aufgetaucht sei, es aber es keine tatsächlichen Anhaltspunkte für rechtsextremistische Bestrebungen des Mannes gegeben hätte.
Caffier hatte Anfang 2018 als Privatmann eine Pistole von einem Waffenhändler gekauft, der Verbindungen zu dem 2017 aufgeflogenen rechtsextremen Prepper-Netzwerk «Nordkreuz» gehabt haben soll. Den Kauf gestand er am vergangenen Freitag auf öffentlichen Druck hin ein. Er habe den Fehler gemacht, den Waffenerwerb nicht 2019 im Ministerium angezeigt zu haben, als Verdachtsmomente für rechtsextreme Äußerungen des Händlers vorgelegen hätten, so Caffier.
Eigentlich sollte er am Donnerstag im Innenausschuss Rede und Antwort zu dem Waffenkauf stehen. Dazu kam es wegen seines Rücktritts aber nicht mehr. Zuvor hatte es geheißen, dass Caffier wegen einer Krankmeldung nicht in den Ausschuss komme. Das sei falsch, so Lenz. «Er ist kein Minister mehr und war deshalb auch nicht im Innenausschuss.»
Nach der nichtöffentlichen Debatte zeigte sich der Innenexperte der Linken, Peter Ritter, unzufrieden mit dem Stand der Aufklärung zum «Nordkreuz»-Komplex. «Die Frage, was welche Behörde wann wusste und wie mit diesen Erkenntnissen umgegangen wurde, steht weiter ungeklärt im Raum», sagte er im Anschluss. «Wie bei anderen Sachverhalten wird auch hier deutlich, dass die Verantwortung zwischen Bund und Land hin- und hergeschoben wird.»
Dem widersprach Lenz. «Bundes- und Landesbehörden arbeiten auf der Grundlage von geltendem Recht und Gesetz. Anders darf es nicht sein», sagte er. «Die Bundesbehörden, also Generalbundesanwalt und Bundeskriminalamt, sind für das Nordkreuz-Verfahren zuständig, sie ermitteln zum Verdacht einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Die Landespolizei und die Justiz in MV sind engagiert bei der Aufklärung der weiteren Delikte, die diesen Personen zugeordnet werden können.»
Hintergrund: Der Landesverfassungsschutz hatte schon im Juli 2017 die Information vom Bundesverfassungsschutz bekommen, dass der Name des Waffenhändlers von einem Zeugen im Zusammenhang mit «Nordkreuz» genannt wurde – Monate vor dem Waffenkauf. Der Landesverfassungsschutz gab die Information nicht weiter – auch nicht, als das Netzwerk im August 2017 aufflog. Das dürfe es auch nicht, hieß es. Dabei trainierten regelmäßig Polizeieinheiten auf dem Schießplatz des Waffenhändlers.
Nach Darstellung des Schweriner Innenministeriums hatte der Bundesverfassungsschutz den Händler damals nicht als rechtsextremistisch eingestuft. Das Landeskriminalamt MV sah nach Auswertung von Internet-Chats im Jahr 2019 hingegen Anhaltspunkte für rechtsextreme Äußerungen des Mannes.
Der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardt sagte dazu: «Es gibt kein Indiz dafür, dass sich die hierzu ermittelnden Behörden untereinander falsch oder schleppend informieren.» Ebenso wenig gebe es Indizien auf Ermittlungsversäumnisse. «Da das Verfahren beziehungsweise die Zuständigkeit in erster Linie beim Generalbundesanwalt beziehungsweise beim Bundeskriminalamt liegt, ist der Kenntnisstand der hiesigen Behörden zudem notwendigerweise begrenzt.»
Der Antrag der Linken, einen Sachstandsbericht zur Arbeit der sogenannten Prepper-Kommission im Innenministerium vorzulegen, wurde nach Ritters Worten im Ausschuss abgelehnt. Die Kommission war 2017 eingerichtet worden und sollte die Prepper-Szene in Mecklenburg-Vorpommern ausleuchten. Als Prepper werden Menschen bezeichnet, die sich etwa mit dem Anlegen von Vorräten – in manchen Fällen beinhaltet dies auch Waffen und Munition – auf eine mögliche Katastrophen vorbereiten. Gegen zwei «Nordkreuz»-Mitglieder ermittelt der Generalbundesanwalt wegen des Verdachts der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.
Ritter kritisierte die Ablehnung des Antrags. «Das trägt nicht dazu bei, dass bereits viel verloren gegangenes Vertrauen wiederhergestellt wird», sagte er. Vom designierten neuen Innenminister Torsten Renz (CDU) verlangte er, die Aufklärung des «Nordkreuz»-Komplexes entschiedener als sein Vorgänger voranzutreiben.