HR-Exklusiv: Radtke spricht Klartext

Kaum jemand polarisierte beim Wahlkampf um die Hamburgische Bürgerschaft bisher so wie der Schüler Tom Radtke. Der politische Newcomer ist zwar erst 18 Jahre alt, dennoch will er mit Listenplatz 20 am 23.02.2020 in die Hamburgische Bürgerschaft einziehen. Während kaum jemand die anderen Kandidaten der Linkspartei kennt, so erreicht Radke aufgrund spektakulärer Tweets, lässiger Memes und Posts schon bundesweite Bekanntheit. Die HANSE RUNDSCHAU hakt nach. Was steckt hinter Radtke? Ein neuer politischer Stil, ein nonkonformer Freigeist oder trollt er nur gerne?

Radtke kandidiert auf Listenplatz 20; Bild von seinem Facebook-Profil (hier klicken)
Das Telefoninterview

S: Herr Radtke, Sie sind noch Schüler und kandidieren auf Listenplatz 20 auf der Liste der Linken und Sie waren auch mal bei „Fridays for Future“ aktiv? Oder sind Sie das noch?

R: Ja, ich kandidiere für die Bürgerschaft. Es gibt aber keinen formellen Eintritt und Austritt bei „Fridays for Future“. Deshalb befinde ich mich in einer Art Schwebezustand gerade. Ich habe aber auf jeden Fall durchaus bedeutende Rollen bei „Fridays for Future Deutschland“ gehabt. Bei „Fridays for Future Hamburg“ war ich häufiger aktiv.

S: Sie haben ja mal geschrieben, dass Sie Systemadministrator oder ähnliches waren? Was macht man da?

R: Also ich habe die technische Infrastruktur dort aufgebaut. Das heißt Pflege und Aufbau sowie Instandhaltung der Webseite. Da gab es natürlich auch Angriffe auf die Webseite, da haben wir natürlich versucht, diese abzuwehren, damit die Seite online bleibt. Also alles was quasi so ein Systemadministrator macht im Hintergrund.

S: Da gab es zum Beispiel in Schwerin ja auch den Fall, dass die „Fridays for Future“-WhatsApp-Gruppe von Neonazis gehackt wurde. Und daraufhin kam es ja zu Sperrungen von der Internetseite des Bundes zum Whatsapp-Link. Haben Sie davon irgendwas mitbekommen?

R: Die Ortsgruppen an sich sind unabhängig von der bundesweiten Struktur. Ich habe davon persönlich noch nichts mitbekommen. Ich weiß aber, dass sowas nicht nur einmal passiert ist. Die WhatsApp-Gruppen sind offen. Also gehe ich mal stark davon aus, dass sie von der „Fridays for Future Ortsgruppe Schwerin“ erstellt wurden. Die waren eben für die Administration dieser zuständig. Ich dagegen habe beispielsweise die bundesweite Webseite von FFF auch mit aufgebaut und gepflegt. Also die Seite: fridaysforfutures.de

S: Das Thema Klimaschutz scheint Ihnen ja durch dieses Engagement offensichtlich am Herzen zu liegen. Ist das auch ihr Grund, warum sie für die Bürgerschaft kandidieren?

R: Ja. Absolut. Ich finde Klimapolitik ist wirklich sehr wichtig. Vor allem in Hinblick auf die zahlreichen Klimaberichte der Forschung. Aber das ist nicht der einzige Grund. Ich bin auch bei der Linken, weil mir eben Klimaschutz wichtig ist, aber eben auch in der Verbindung mit dem Sozialen. Das ist mir ganz wichtig. Und das fehlt mir beispielsweise bei der grünen Partei. Die reden zwar viel über Klimaschutz. Aber Soziales kommt zu kurz.

S: Haben Sie denn ein Beispiel, was die Linken da als wichtiges Sozialthema in Hamburg anpacken wollen, was die Grünen nicht auf der Tagesordnung haben?

R: Nehmen wir mal die Verkehrspolitik. Nicht nur die Grünen in Hamburg, sondern bundesweit ist das ziemlich ähnlich. Die Grünen unterstützen weiterhin den Individualverkehr sehr stark. Den öffentlichen Nahverkehr benachteiligen sie. So fordert die Linke beispielsweise einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr für alle. Das ist eben ein entscheidender Punkt bei der Klimapolitik. Man muss sich überlegen, wie man die Autofahrer eben in den ÖPNV bringt. Das funktioniert eben nicht, wenn man Hundert Euro im Monat für ein Bahnticket bezahlen muss.

S: Aber viele Menschen, auch aus Mecklenburg-Vorpommern zum Beispiel, sind ja darauf angewiesen, dass sie eben ein Auto haben. Ich denke auch zum Beispiel an die vielen Pendler, die von Schwerin nach Hamburg fahren oder umgekehrt. Viel Hamburger arbeiten ja auch in Schwerin oder Westmecklenburg. Was sagen Sie denn solchen Leuten, Hamburgern, die in Mecklenburg-Vorpommern arbeiten, wie Sie zur Arbeit kommen sollen?

R: Also ich finde es wichtig zu unterscheiden zwischen einer Großstadt wie Hamburg, also den Leuten, die da eben leben und Personen, die eben eher ländlich wohnen. Das ist wirklich ein Riesenunterschied. Also in Hamburg haben viele einen guten Anschluss zu ihrer Arbeit. Ich finde, wenn man eben diese Möglichkeit zur Arbeit mit dem ÖPNV zu fahren hat, dann sollte man die auch nutzen. Man sollte es auch komfortabler, attraktiver und günstiger machen. Den Nahverkehr sollte man ausbauen, vor allem in den ländlichen Gebieten. Es ist einfach wahnsinnig, in welch langsamen Takt die Busse dort fahren. Dann kann ich auch nachvollziehen, warum die Leute keine Lust darauf haben, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen. Wenn man so weit abseits wohnt, dann will ich keinem irgendwie verbieten das Auto zu benutzen.

S: Also Sie wollen sozusagen den ÖPNV attraktiver gestalten, höher frequentieren und mehr Stationen einrichten. Das ist ja auch alles mit hohen Kosten verbunden. Das Geld muss ja auch irgendwo herkommen. Wenn Sie im Senat Entscheidungsbefugnisse hätten, wo würden Sie denn das Geld hernehmen?

R: Da sollte man sich auch andere Städte angucken, beispielsweise Wien, die ein 365-Euro Ticket haben. Also das ist durchaus eine Option. Und ich glaube, auch in unserem Land geben wir Geld an der falschen Stelle aus. Ein gutes Beispiel ist aber die Förderung von E-Autos. Es gibt Subventionen für E-Autos. Viele Ladesäulen werden gebaut. Ich persönlich halte nichts von E-Autos. Sie sind nicht viel klimafreundlicher als herkömmliche Autos. E-Autos werden als emissionsfrei, leise und schön vermarktet. Wie sie hergestellt werden oder wo das Lithium herkommt wird nicht überlegt. Man sollte schauen, was die beste Option ist. Ob man zum Beispiel die Investition in Richtung Wasserstoff vorantreibt. Und da –  finde ich – tut die Politik derzeit viel zu wenig.     

S: Wie sehen Sie denn die Metropolregion Hamburg? Die ist ja ein verknüpfendes Element mit zum Beispiel Mecklenburg-Vorpommern. Welche Chancen sehen Sie dort und was kann die Stadt Hamburg da noch tun, um beispielsweise eben den Verkehr oder wirtschaftliche Verflechtungen weiter in der Region auszubauen?

R: Also die Anbindung ist teilweise einfach nur schrecklich. Da sollte man wirklich mehr arbeiten. Die Frage richtet sich auch nach den erneuerbaren Energien. Wir können aus Platzgründen in Hamburg keine Windkraftwerke aufstellen. Aber um Hamburg herum gibt es durchaus sehr viel Platz für erneuerbare Energien. Und da sollte man mehr Kooperation anstreben. Mit Schleswig-Holstein soweit ich weiß geschieht das schon.  Mit Niedersachsen noch nicht so sehr. Bei Mecklenburg-Vorpommern bin ich mir nicht so sicher.

S: Also Sie wollen sozusagen mehr Kooperation im Energiesektor in der Metropolregion?

R: Im Energiesektor, aber auch im Verkehrssektor. Weil eben die Pendler auch eine vernünftige Anbindung brauchen. Die Stadt wächst ja auch. Da sollte der Verkehr nicht so eingeschränkt sein, wie er jetzt ist.

S: Wie sehen Sie das denn allgemein mit dem Klimaschutz und der Energiewende? Sollte da ihrer Meinung nach eher ein „starker Staat“ agieren und den Leuten das so ein bisschen aufzwängen? Oder befürworten Sie eher freiheitliche Ansätze, nach dem Motto, dass die beste Innovation sich eh durchsetzen wird und die Leute eher auf ihr eigenes Konsumentenverhalten achten sollten?

R: Ich glaube wir brauchen beides. Es gibt ja immer diese zwei Schubladen. Entweder übernimmt der Staat das oder man überlässt es dem freien Markt und die Leute entscheiden, also sie achten auf ihr eigenes Verhalten. Ich glaube, dass das Achten auf das eigenene Verhalten nicht unwichtig ist, aber der Fokus sollte doch beim Staat liegen. Der Staat hat eben die Möglichkeit beispielsweise Kohlekraftwerke auszuschalten. Er hat großen Einfluss im Energiesektor. Die wirklich bedeutenden Entscheidungen liegen beim Staat. Es geht nicht darum, dass Konzerne mehr Geld verdienen, sondern das vernünftiger Klimaschutz betrieben werden kann. Wir sehen das ja beim „Greenwashing“. Unternehmen tun so, als wären sie grün. Deren Werbung wird dann grüner und schöner. Sie erwecken den Eindruck, dass sie viel fürs Klima tun.

S: Aber die Unternehmen täuschen die Verbraucher?

R: Genau. Es geht eben darum, die Konsumenten zum Kauf zu animieren. Man vermittelt ein Gefühl, etwas für den Klimaschutz getan zu haben. Obwohl das halt nicht stimmt. Vorhin haben Sie ja gefragt, warum ich bei den Linken eingetreten bin. Und das ist eben beim Klimaschutz auch der soziale Aspekt. Aber ich finde auch die sozialen Themen generell wichtig. Die Mieten sind in Hamburg so extrem gestiegen. Es ist teilweise – also abgesehen von den Kosten – es ist teilweise unmöglich, Hausbesuche durchzuführen. Also nicht Hausbesuche…“

S: Wohnungsbesichtigungen?

R: Ja. Wohnungsbesichtigungen. Danke. Eine Teilnahme ist nicht möglich, weil da 20 bis 30 Leute in eine Wohnung reinkommen. Aber nur einer davon bekommt dann die Wohnung.

S: Was sehen Sie denn als Ursache dafür? Manche Zungen sagen ja zum Beispiel, dass die Zuwanderung daran schuld sei, andere sagen die Landflucht wäre ursächlich, also dass die Bevölkerung im ländlichen Raum keine Gesundheitsversorgung hat oder keine Arbeitsplätze findet und deswegen in die Ballungszentren zieht?

R: Es gibt auf jeden Fall mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen. Auf jeden Fall wächst die Stadt. Damit sind am Ende weniger Wohnungen verfügbar, weil dort mehr Menschen leben. Normal wäre es, wenn der Staat weiterhin Wohnungsbau fördern und mehr Sozialwohnungen bauen würde. Wir haben viele Menschen, die am Rande ihrer Existenz sind. Und sich eben gar keine Wohnung leisten können oder gerade so über die Runden kommen. 

S: Sie wollen also, dass der Hamburger Senat beispielsweise mehr kommunalen Wohnungsbau fördert?

R: Zurzeit wird ja ein Drittel „soziale Wohnungen“ gebaut. In Wirklichkeit sieht es aber eher nach einem Viertel aus. Es wird zu wenig gebaut in Hamburg. Wir müssen aber auch schauen wer dahinter steckt. Das ist wirklich ein Missverständis, dass die Linke generell gegen Vermieter ist. Vermieter bei denen ich auch die Schuld sehe, sind nicht die Personen, die vielleicht eins, zwei, fünf oder zehn Wohnungen oder Häuser vermieten. Mir geht’s wirklich um die großen Konzerne. Die großen Immobilienkonzerne, die viele Wohnungen haben und deren einziges Interesse das Geld ist. Es gibt ein Recht auf Wohnen. Das ist nicht etwas, womit man Geld machen sollte.

S: Wir haben zum Beispiel im ländlichen Raum um Hamburg herum, etwas außerhalb, hohe Leerstandsquoten. Oder in Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise haben wir 5% Leerstandsquote im ländlichen Raum. Ist es vielleicht nicht eher eine Sache der Verteilung der Menschen und ist es so, dass jeder ein Recht haben sollte, in Hamburg zu wohnen?

R: Was den Leerstand angeht, müssen wir auch genau auf die Preise achten. Denn die Preise sind dort vielleicht auf den ersten Blick niedriger als im zentralen Hamburg. Es entstehen aber auch andere Kosten. Zum Beispiel hat man dort höhere Kosten für den Nahverkehr. Da kommen neue Zonen dazu. Damit wird dann eben eine Wohnung, die vielleichte etwas günstiger ist, dann genauso teuer.

S: Damit schließt sich ja wieder der Kreis zum Verkehr. Das hört sich ja alles sehr ambitioniert an, also Ihre Ziele und Forderungen. Jetzt steht die Frage im Raum, warum Sie sich denn in letzter Zeit scheinbar Feinde gemacht haben? Vor allem im linken und grünen Lager. Sie haben viel getwittert und auch bei Facebook hochgeladen. Wie kam es dazu? Oder warum sahen Sie sich genötigt da immer wieder Interna in die Öffentlichkeit zu tragen?

R: Ich mache das ja nicht ohne Grund. Am Anfang habe ich einen Post zum Holocaust veröffentlicht. Da gab es heftige Gegenreaktionen. Auch seitens von „Fridays for Future Hamburg“ sowie auch von Luisa Neubauer gab es Distanzierungen, die ich für absolut inakzeptabel hielt. Deshalb empfand ich das als notwendig, eine Gegenreaktion zu setzen, Ich wollte zeigen, dass was sie über mich sagten nicht stimmt.

S: Würden Sie das weiterhin so sagen, dass der Klimawandel, vielleicht nicht jetzt unbedingt, aber in der Zukunft, ähnliche vernichtende Wirkung hat, wie der Holocaust an den Juden?

R: Also im Grunde habe ich da das meiste im Welt-Interview gesagt.

S: Das kenne ich jetzt nicht.

R: Für mich ist das Thema eigentlich schon abgeschlossen, aber… Also wenn man sich eben die Ergebnisse der Klimaforscher ansieht, dann muss man davon ausgehen, dass viele Millionen Menschen voraussichtlich sterben werden aufgrund des Klimas.

S: Also durch Wetterphänomene, Überschwemmungen…?

R: Genau. Durch Naturkatastrophen.

S: Daraufhin gab es ja auch viel Kritik im Netz. Viele haben sich aufgeregt, manche vielleicht auch künstlich. Aber dann haben Sie ja auch Sachen geschrieben über Pädophilie bei der „Fridays for Future“-Bewegung. Haben Sie da konkrete Beweise oder haben Sie da was gehört?

R: Ich würde dazu wirklich so gerne was zu sagen, aber da kann ich leider nichts zu sagen. Mein Anwalt hat mir da geraten, nichts weiter zu erzählen.

S: In den letzten Tagen haben Sie weiter getwittert. Da waren Sie auf einer Demonstration zum vermeintlichen „Warburg-Skandal“. Was ist da genau vorgefallen? Sie haben geschrieben, dass sie angegriffen wurden? Was ist da passiert?

R: Ich bin zu einer öffentlichen Veranstaltung der Linken im Hamburger Zentrum gegangen. Ich wollte von dort aus streamen. Es hatte mich enttäuscht, wie das Geld veruntreut wurde. Als ich dann filmte, kam nach wenigen Minuten die Vizepräsidentin der Bürgerschaft, Christiane Schneider, zu mir. Sie hielt ihre Hand in die Kamera meines Handys. Sie beschimpfte mich als „Saurechter“. Sie bezeichnete mich dann indirekt als „Nazi“ und als „Arschloch“. Mit allen Mitteln versuchte sie zu verhindern, dass ich filme. Auf einer öffentlichen Versammlung hat man aber kein Recht am eigenen Bild. Es hieß nur, dass sie mich nicht filmen lasse, obwohl ich ihr die Rechtslage erläuterte. Dann kamen weitere ihr zugehörigen Personen hinzu. Einige sind auch Mitarbeiter der Linksfraktion. Das habe ich auch in der Anzeige geschrieben. Ich wurde von fünf Personen umkreist. Eine Person riss mir dann das Handy aus der Hand und beendete den Stream. Daraufhin kamen auch Polizisten. Aber ich brauche da nicht weiter ins Detail zu gehen. Deshalb habe ich auch hinterher Strafanzeige erstattet.

S: Interessant. Bei Facebook haben Sie geschrieben, dass Sie wohl doch aus der Linkspartei ausgeschlossen werden sollen. Haben Sie da ein Schreiben bekommen?

R: Nein. Ich habe immer noch kein Schreiben erhalten. Das soll erst im März stattfinden. Allerdings wurde gesagt, dass es bereits im Februar eingeleitet wurde. Der Landesvorstand bei dem ich anwesend war, teilte mir mit, es wurde zu dem Zeitpunkt kein Parteiausschlussverfahren beschlossen.

S: Also ist das eher im Bereich journalistischer Fantasie anzusiedeln, wenn das „Abendblatt“ sowas schreibt oder was würden Sie sagen?

R: Nein. Also im Abendblatt selbst steht, dass es im März geplant ist. Also ich bestreite nicht, was im Abendblatt steht. Ich bestreite nur, dass es bereits begonnen hat. Das würde mich wundern, weil ich bis jetzt immer noch keine Information und kein Schreiben erhalten habe. Es wird in der Presse zwar immer gesagt, dass ein Parteiausschlussverfahren im Gange wäre. Aber ich merke nichts davon.

S: Es ist ja schon eher ungewöhnlich, dass die Presse solche Termine kennt, bevor Sie informiert wurden.

R: Haben Sie denn? Ich habe jetzt nur März mitbekommen.

S: Naja, das wurde Ihnen ja nicht schriftlich mitgeteilt, oder?

R: Nein. Mir wurde ja gar nichts schriftlich mitgeteilt. Man war mit mir auch nicht im Gespräch. Ich würde jetzt hier nicht sagen, dass das nur wegen der Presse ist. Es geht hier auch um Wahlkampf. Man hat sich anscheinend dazu entschlossen, dieses Parteiausschlussverfahren in die Länge zu ziehen, bis eben die Wahl vorbei ist.

S: Verstehen Sie mich nicht falsch, aber es kommt mir ein bisschen so vor, als ob Sie da noch irgendwelche Konflikte offen austragen wollen. Sie publizieren ja aktuell bei Facebook, dass es in der Linksfraktion zu prekärer Beschäftigung kommt oder kam. Würden Sie das denn anders machen? Oder was ist Ihre Intention, dass Sie da solche internen E-Mails hochladen?

R: Also meine Intention dahinter war eben Transparenz zu schaffen. Solches Verhalten, was dort in der Linksfraktion gerade stattfindet, ist absolut inakzeptabel. Ich finde, dass sowas an die Öffentlichkeit kommen sollte und nicht einfach unter der Oberfläche verschwinden sollte, wie das bei den anderen Parteien abläuft.

S: Würden Sie denn, wenn Sie mit der Fraktion dort einziehen würden, denn…?

R: Ich würde sowas dann weiterhin aufklären, sollte es zu solchen Fällen kommen. Ich persönlich würde mich an sowas nicht beteiligen. Ich finde es eben wirklich inakzeptabel, dass Steuergelder so missbraucht werden.

S: Sie würden eher festangestellte Leute mit gutem Gehalt dort einstellen wollen?

R: Ja, selbstverständlich.

S: Naja, anscheinend ist es eben nicht überall selbstverständlich.

R: Es ist so, dass es mittlerweile schon in gewisser Weise zur Normalität bei Parteien gehört. Aber eigentlich sollte sowas nicht möglich sein. Ich würde auch weiterhin in der Bürgerschaft, wenn ich dort reinkäme, dafür sorgen, dass eben darüber aufgeklärt wird. Kreditkarten der Fraktion dürfen nicht bei einzelnen Personen für den persönlichen Gebrauch benutzt werden. Ich finde, sowas sollte allen selbstverständlich sein.

S: Fast eine halbe Stunde haben wir jetzt geredet. Eine abschließende Frage habe ich noch. Ist die Linke noch Ihre politische Heimat und ist es Ihnen wichtig, dass Sie auch weiterhin solche Offenheit gegenüber dem Wähler und Bürger zeigen?

R: Absolut. Mir ist Transparenz und Offenheit wirklich sehr wichtig, insbesondere Themen wie die Veruntreuung von Steuergeld. Die Steuergelder werden ja auch von den Bürgerinnen und Bürgern gezahlt. Deshalb sollten sie auch darüber informiert werden, was mit ihrem Geld gemacht wird. Man kann nicht 100 prozentig mit der Partei einverstanden sein, aber die Linke vertritt den Großteil meiner politischen Positionen. Deshalb möchte ich weiterhin in der Linken bleiben.

S: Vielen Dank für das Interview, Herr Radtke.

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