Dröhnendes Schweigen. Rund zehntausend wütende Bauern stehen vor dem Brandenburger Tor und man könnte eine Stecknadel fallen hören. Ursache für diese bedrückende Stille: Svenja Schulze. Die Bundesumweltministerin hatte den Bauern zwischen den Zeilen schwere Vorwürfe gemacht und diese indirekt für verseuchtes Grundwasser und Insektensterben verantwortlich gemacht. Die Landwirte zeigen der SPD-Politikerin daraufhin die kalte Schulter. Auch den Rednern der anderen Parteien erging es nicht besser, nur bei FDP-Chef Christian Lindner brandete hier und da leiser Applaus auf.
1000 Bauern aus M-V in Berlin
Eine Partei durfte erst gar keinen Redner entsenden: Die AfD. Und vielen Bauern schmeckt das gar nicht. „Viele im Bauernverband halten zur CDU und haben da ihre Posten, gerade die einflussreichen Großbauern aus dem Westen“, sagt ein Landwirt aus Vorpommern verärgert. „Die Basis tickt ganz anders.“ Überhaupt fallen die MV-Bauern schnell ins Auge. Gleich die ersten großen Traktoren, die um die Bühne positioniert sind, tragen fast alle Kennzeichen aus MV. Insgesamt dürften in und um Berlin rund 10.000 Stück unterwegs gewesen sein, „davon sicher 1.000“ aus MV, schätzt ein Teilnehmer der bauernverbandsfernen Bewegung „Land schafft Verbindung“. Sie sind mit ihren orangenen Warnwesten auch äußerlich von anderen Bauernvereinigungen schnell zu unterscheiden.
Das gibt es selten: Bauernpfiffe gegen die CDU
Während auf der Bühne ein Redner nach dem anderen Auftritt und sich auch immer wieder wütende Landwirte zu Wort melden, wird die Stimmung immer gereizter. Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) wird teilweise lautstark ausgepfiffen. Töne, die die CDU von den Bauern bisher nicht gewohnt war. Nach Informationen der Hanse Rundschau trat einer der Wutbauern zeitgleich im Reichstag vor den Abgeordneten der Unionsfraktion auf. Seine Botschaft an die Abgeordneten: Wenn ihr nicht bald aufwacht, wählen die FDP oder sogar die Rechten. Kein Wunder also, dass auch Philipp Amthor schnell seine Aufwartung bei den Bauern macht. Politische Beobachter sind sich sicher, dass der Bauernverband MV Amthors Wahlkampf massiv unterstützt hatte. Amthor setzte sich 2017 nur knapp in seinem Wahlkreis gegen den AfD-Politiker Enrico Komning durch.
”Wer Bauern quält, wird abgewählt”
Die AfD-Abgeordneten aus MV, Leif-Erik Holm, Enrico Komning und Ulrike Schielke-Ziesing, beließen es dagegen nicht nur bei einem Kurzausflug aus dem Plenarsaal, sondern begleiten die Demonstration über Stunden hinweg. In vielen Gesprächen mit den einfachen Bauern wird schnell klar: So geht es nicht mehr weiter. Bürokratie, immer neue Auflagen und eine insbesondere von den Grünen immer weiter angefachte Anti-Bauern-Stimmung machen vielen das Leben schwer.
„Wir müssen das alles zurück in nationale Kompetenz holen“, ruft währenddessen ein Bauer auf der Bühne und erntet Applaus. „Wenn die CDU bald mit den Grünen regiert wird es übel für Euch“, sagt Holm. Der Bauer nickt bedächtig und sagt: „Wir lassen uns jetzt jedenfalls nichts mehr gefallen!“ Mit dem Schweigen ist jetzt jedenfalls Schluss.
Siehe auch:
Bauernprotest in Rostock (hier klicken).
Backhaus in Bedrängnis: Der Bauer ist sauer (hier klicken).