Windräder drehen sich hinter den Häusern eines Dorfes. Soeren Stache/dpa/Archivbild
Schon einmal galt die Windenergie als potenzieller Jobmotor – bis der Zubau neuer Windanlagen ins Stocken geriet. Die ehrgeizigen Ausbaupläne der Bundesregierung machen nun Hoffnung auf einen zweiten und nachhaltigeren Anlauf.
Hamburg (dpa) – Die Windbranche sucht in den kommenden Jahren in großem Stil Arbeitskräfte für den Ausbau erneuerbarer Energien. Die erwartete Verdoppelung der installierten Windkraftleistung bis 2030 «geht nicht ohne Aufstocken des Personals», sagte der Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie, Wolfram Axthelm, der Deutschen Presse-Agentur. Das werde «nicht bedeuten, dass man 100 Prozent mehr Personal hat, aber es wird einen signifikanten Personalzuwachs geben», fügte er hinzu. «Wir reden über mehrere Zehntausende.»
Die Unternehmen sehen sich dabei zum einen mit dem Fachkräftemangel konfrontiert, den seit geraumer Zeit nahezu alle Wirtschaftszweige beklagen. «Fast alle in der Branche stellen zur Zeit neue Leute ein und merken dann vor allem, dass man in Wettbewerb mit anderen tritt, dass man sich anstrengen muss, Leute zu finden», sagte Axthelm. Daneben kämpfen die Unternehmen der Windindustrie noch mit den Nachwehen des enormen Personalabbaus der vergangenen Jahre, einer Folge des stockenden Zubaus bei der Windenergie.
«Wir haben in den Jahren 2019/2020 ungefähr 50.000 Beschäftigungsverhältnisse über die ganze Breite der Branche verloren», sagte Axthelm. Das entspricht ungefähr einem Drittel der Jobs. «Das ist jetzt unser schwerer Rucksack, den wir mit uns herumtragen. Da geht es uns so ähnlich wie der Gastronomie. Wer einmal weg ist und einen neuen Job gefunden hat, da kann ich nicht mit dem Finger schnipsen und der kommt wieder zurück.» Zudem habe jeder der ehemaligen Beschäftigten «bei diesem erzwungenen Abschied aus der Branche wahrscheinlich zehn Leuten erzählt, wie schlecht das alles ist, dass er seinen Job verloren hat, so dass wir jetzt erst wieder Vertrauen aufbauen müssen, was die Politik uns eingebrockt hat».
Die Konsequenz lautet nach Axthelms Worten: «Wir müssen als Branche lernen, dass wir uns sichtbarer machen – und man nicht mehr einfach sagen kann, wir werden schon die Leute finden über Mund-zu-Mund-Propaganda aus der eigenen Belegschaft heraus.»
Beispielsweise arbeitet die Windbranche seit rund einem Jahr in einem öffentlich geförderten Projekt mit dem Energieunternehmen Leag in der Lausitz zusammen: «Da geht es darum, dass wir mal definieren, was haben die für Berufsbilder, was brauchen wir künftig für Berufsbilder», sagte Axthelm. «Ganz oft hören wir ja, die Energiewende unter dem Strich bringe ein Beschäftigungsplus, aber das nutzt niemandem in der Lausitz. Die wollen wissen, wie habe ich persönlich eine Perspektive. Da haben wir gesagt, da müssen wir uns als Branche auch selber stärker in die Verantwortung nehmen lassen, um den Leute in ihrer Heimatregion eine Perspektive zu geben.»
Ein großes Potenzial sieht die Windbranche in der Autoindustrie. Es gebe viele «Menschen, die im Bereich der Automobilzulieferer durch den Schwenk zur E-Mobilität dort keine echte Beschäftigung mehr haben, die könnten aber im Windbereich weiter im eigenen Unternehmen bleiben», sagte Axthelm.