Offshore-Windindustrie: Fachkräftemangel gefährdet Bauziele

Blick auf den Offshore Windpark «DanTysk» rund 43 Seemeilen (70 Kilometer) westlich von Sylt. Quelle: picture alliance/dpa/Archivbild

Hamburg/Bremerhaven (dpa)

Die Offshore-Windindustrie rechnet angesichts der Ausbauziele der Bundesregierung mit zehntausenden neuen Arbeitsplätzen. Derzeit gefährdet allerdings akuter Fachkräftemangel den erneuten Hochlauf der Industrie, die in den vergangenen Jahren von der Stop-and-Go-Politik der alten Regierung ausgebremst wurde. «Um die aktuellen Ausbauziele zu erreichen, bedarf es daher einer politisch flankierten Gesamtanstrengung der Branche mit einer Qualifizierungs- und Ausbildungsoffensive entlang der gesamten Wertschöpfungskette» forderte der Branchenverband WAB am Mittwoch. Branchenvertreter berichteten zudem von Problemen in den Lieferketten.

Der fehlende Ausbau der letzten Jahre hat WAB zufolge in der Wertschöpfungskette der Industrie deutliche Spuren hinterlassen. «Für die langfristigen Ausbauziele der Bundesregierung von mindestens 70 Gigawatt Offshore-Wind bis 2045 benötigen wir umgehend Investitionen und die richtigen politischen Weichenstellungen, um die für den Ausbau notwendige Infrastruktur zu schaffen, unter anderem im Bereich der Häfen und Werften», sagte WAB-Geschäftsführerin Heike Winkler. «Die Wertschöpfungskette muss wieder aufgebaut werden.»

Der Schiffbauverband VSM warb dafür, die in den nächsten Jahren anstehende Energiewende für eine «Wertschöpfungswende» zu nutzen. «Es ist nicht mehr egal, wo Sachen herkommen», sagte VSM-Geschäftsführer Reinhard Lüken. Es sei wichtige, «die bessere Lösung zu implementieren und nicht die billigere», fügte er hinzu und sprach von einer «Lernkurve, die wir auf Seiten der Industrie machen müssen». Weil für den geplanten Ausbau der Windenergie auf See in großem Stil neue Spezialschiffe benötigt werden, spielen die deutschen Schiffbauer eine Schlüsselrolle. Sie leiden seit Jahren darunter, das Aufträge gen Asien abwandern, wo der Schiffbau mit staatlichen Milliardenhilfen gestützt wird.

Der Umsatz der Offshore-Windbranche ist einer Studie zufolge seit Ende 2018 von 9,8 Milliarden auf 7,4 Milliarden Euro eingebrochen. Parallel sei die Zahl der Vollzeitstellen um rund 3000 auf 21 400 zurückgegangen. In der ersten Boomphase des Windenergieaufbaus auf See waren bei Entwicklern, Zulieferern und Herstellern der Anlagen beträchtliche Kapazitäten samt Personal und technologischem Know-how aufgebaut worden. Zuletzt geriet der Ausbau aber ins Stocken; seit Mitte 2020 wurden in Deutschland überhaupt keine neuen Offshore-Windanlagen mehr aufgebaut. Die Folge: Etliche Unternehmen sind vom Markt verschwunden und viele Beschäftigte haben wegen unsicherer Perspektiven die Branche verlassen oder verloren ihren Arbeitsplatz.

Die Bundesregierung will die Erzeugungskapazität auf See bis 2030 auf 30 Gigawatt (GW) und bis 2045 auf mindestens 70 GW steigern. Derzeit sind Anlagen mit einer Leistung von knapp 7,8 GW in Betrieb, 6,7 GW davon in der Nordsee, weitere 1,1 GW in der Ostsee.

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