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Schwerin (dpa)/ Ergänzung HR
Führende Vertreter der AfD in Ostdeutschland wollen sich gegen die Einstufung ihrer Partei durch die Verfassungsschutzbehörden wehren. Das kündigten Björn Höcke (Thüringen), Dennis Hohloch (Brandenburg), Oliver Kirchner (Sachsen-Anhalt), Nikolaus Kramer (Mecklenburg-Vorpommern) und Jörg Urban (Sachsen) am Freitag an.
In einer gemeinsamen Erklärung wiesen sie die vom Verfassungsschutz getroffenen Einstufungen und Einschätzungen zurück. «Wir wehren uns parlamentarisch und mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen die unterschiedlichen Grade der Einstufung unserer Parteifreunde», heißt es darin.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte den rechtsnationalen «Flügel» um Thüringens AfD-Landes- und Fraktionschef Höcke im März als «gesichert rechtsextremistische Bestrebung» eingestuft. Auf Druck der Bundesspitze hatte sich der «Flügel» Ende April selbst aufgelöst. Trotz dieser formalen Auflösung sieht der Verfassungsschutz einen immer größeren Einfluss seiner bisherigen Anhänger. Bei parteiinternen Wahlen kämen diese häufig in Schlüsselpositionen und es gebe weiter einen großen Zusammenhalt und einen Austausch, hieß es. Der brandenburgische Verfassungsschutz hatte im Frühjahr den gesamten AfD-Landesverband zum Verdachtsfall erklärt.
Die Erklärung im Wortlaut
Schweriner Erklärung der Fraktionsvorsitzenden (Ost) der Alternative für Deutschland zum „Verfassungsschutz“
Wir verurteilen den Missbrauch des „Verfassungsschutzes“ zu parteipolitischen Zwecken. Die Erfahrungen, die wir im Umgang mit den Landesämtern und dem Bundesamt dieser Behörde gemacht haben, lassen keinen anderen Schluss zu: Der „Verfassungsschutz“ ist heutzutage ein Machtinstrument, welches gegen parteipolitische Konkurrenten eingesetzt wird und insbesondere dem Regierungsschutz dient.
Dieser Missbrauch ist aus drei Gründen schwerwiegend:
1. Der „Verfassungsschutz“ genießt in weiten Teilen der Öffentlichkeit noch immer den Ruf einer staatlichen und damit objektiven und über allen Parteiinteressen stehenden Institution. Dies führt zu einer scheinbaren Seriosität seiner Maßnahmen und Stellungnahmen.
2. Die Einstufungen, die der „Verfassungsschutz“ vornimmt, wirken verunsichernd. „Anhaltspunkte“, „Prüffall“ und „Verdachtsfall“ sind Denunziations- und Drohbegriffe, keine juristischen Kategorien.
Sie sind nicht nur rufschädigend, sondern können auch rechtliche und berufliche Konsequenzen haben.
3. Die Maßstäbe, nach denen die Landesämter und das Bundesamt ihre Einstufungen vornehmen und veröffentlichen, sind nicht trennscharf definiert und werden teilweise willkürlich angelegt. Insbesondere sind diese Maßstäbe intransparent, sowohl für die Betroffenen, als auch für die Öffentlichkeit.
Als verantwortungsbewusste Politiker empfehlen wir, sich an den Verhaltensrichtlinien zu orientieren, die eine Expertengruppe unter der Leitung von Dr. Roland Hartwig (MdB) maßgeblich erarbeitet hat.
Wir, die Fraktionsvorsitzenden (Ost) der Alternative für Deutschland, sind uns in folgenden Kernpunkten einig:
1. Wir sprechen dem „Verfassungsschutz“ Objektivität und Neutralität ab und weisen die Einstufungen und Verlautbarungen dieser Behörden zurück.
2. Wir wenden uns daher strikt dagegen, dass unsere Partei oder einzelne Parteimitglieder Äußerungen und Einstufungen des „Verfassungsschutzes“ für die politische Auseinandersetzung verwenden, sobald dies nützlich zu sein scheint.
3. Wir wehren uns parlamentarisch und mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen die unterschiedlichen Grade der Einstufung unserer Parteifreunde.
Der „Verfassungsschutz“ muss schnellstmöglich in eine rechtsstaatskonforme Behörde umgewandelt werden. Gelingt dies nicht, ist er aufzulösen.
Schwerin, 16.10.2020
Björn Höcke Dennis Hohloch Oliver Kirchner Nikolaus Kramer Jörg Urban