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In Mecklenburg-Vorpommern werden die bundesweit niedrigsten Löhne gezahlt. Mit der Ansiedlung von Hochtechnologie soll das Lohnniveau schrittweise steigen. Ob auch höhere Lohnvorgaben bei öffentlichen Aufträgen solche Effekte erzielen, ist umstritten.
Schwerin (dpa/mv)
Mecklenburg-Vorpommern setzt bei der Schaffung zukunftsträchtiger und gut bezahlter Arbeitsplätze auf die wachsende Bedeutung von Ökoenergie und neue Technologien, will aber auch politisch Impulse für bessere Verdienstmöglichkeiten setzen. Mit der Orientierung auf erneuerbare Energien sei Mecklenburg-Vorpommern ein idealer Standort für die Wasserstofftechnologie und könne im Verein mit den anderen norddeutschen Ländern dabei eine führende Rolle übernehmen. «Wir brauchen keine Angst zu haben vor Klimaschutz und Energiewende. Da steckt Potenzial», sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Freitag in der Aktuellen Stunde des Landtags in Schwerin.
Es gelte, die guten Voraussetzungen mit viel Windstrom im Norden mit Hilfe der Wasserstofftechnologie für den Aufbau einer sauberen Industrie zu nutzen. «Die Wirtschaft in Deutschland weiß längst, dass sie klimaneutral produzieren muss», sagte Schwesig. Die Nachfrage nach Ökoenergie werde massiv steigen, und es werde dort Ansiedlungen geben, wo saubere Energie ausreichend zur Verfügung stehe. «Lassen sie uns diese Chance gemeinsam nutzen, damit wir gute Arbeitsplätze für gute Löhne in unserem Land schaffen», warb Schwesig um breite Unterstützung. Sie verwies dabei auch auf den Bericht des MV-Zukunftsrates. Im Auftrag der SPD/CDU-Landesregierung hatte das Expertengremium Entwicklungschancen für Mecklenburg-Vorpommern ermittelt und Handlungsempfehlungen für die Politik abgeleitet.
AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer zog in seiner Erwiderung in Zweifel, dass die aufgezeigten wirtschaftlichen Perspektiven für das Land realistisch sind. «Wir sind überall auf dem letzten oder vorletzten Platz, in allen Statistiken. Und die Ministerpräsidentin dieses Landes spricht von Weltführerschaft», sagte Kramer. Seine Partei sei dafür, die Selbstständigkeit im Land etwa durch Mikrodarlehen zu unterstützen oder die Vermarktung regionaler Produkte besser zu fördern.
Mehrere Redner verwiesen in der lebhaften Debatte auf das im Bundesvergleich weiterhin geringe Lohnniveau im Nordosten. Durch höhere Lohnvorgaben bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen solle daher ein Impuls für bessere Bezahlung gesetzt werden. So machte die SPD deutlich, dass die Zustimmung zu einem Tariftreuegesetz bei möglichen Koalitionsverhandlungen nach der Landtagswahl im September ein entscheidender Punkt sein werde. «Die Forderung nach tariflichen Löhnen bei der Abarbeitung öffentlicher Aufträge bleibt für uns als SPD eine grundlegende Forderung, jetzt und auch für eine eventuelle Koalitionsvereinbarung in der kommenden Wahlperiode», sagte der SPD-Abgeordnete Jochen Schulte.
Er bedauerte, dass die CDU den von seiner Partei vorgelegten Gesetzentwurf nicht mitgetragen habe. Für den Regierungspartner sei dies wohl eine Kröte gewesen, die er nicht habe schlucken wollen. Nach den Plänen der SPD sollen Aufträge der öffentlichen Hand nur noch an Firmen gehen, die ihre Mitarbeiter tariflich entlohnen. Damit soll bei Unternehmen die Bereitschaft zum Abschluss von Tarifverträgen und das Lohnniveau insgesamt erhöht werden. Den Angaben zufolge ist die Tarifbindung in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit am geringsten. 44 Prozent der Beschäftigten werden demnach tariflich entlohnt.
«Gute Ideen für gute Arbeit sind grundsätzlich richtig und wichtig, um das Land voranzubringen. Allerdings hatte die SPD in jahrelanger Regierungsverantwortung viel Zeit, Ideen für gute Arbeit in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur zu entwickeln, sondern auch umzusetzen», machte Henning Foerster von der oppositionellen Linksfraktion deutlich. Im Jahr 2019 hätten in Mecklenburg-Vorpommern weniger Beschäftigte in Betrieben mit Tarifbindung gearbeitet als noch im Jahr 2015, der durchschnittliche Bruttolohne sei in Mecklenburg-Vorpommern bundesweit am geringsten.
Der CDU-Abgeordnete Bernhard Wildt warnte davor, die vielfach kleinteilige Wirtschaft im Nordosten mit Vorgaben zusätzlich zu belasten. Aufgabe der Politik sei es, gute Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum zu schaffen, nicht aber für Überregulierung und Überbürokratisierung zu sorgen. «Das ist nicht das, was die Wirtschaft braucht, um zu wachsen und um wettbewerbsfähig zu bleiben», betonte Wildt. Zudem mahnte er erneut die Achtung der Tarifautonomie der Sozialpartner an.