Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, spricht. Foto: Bernd Wüstneck/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
Schwerin (dpa/mv)
Nach heftiger Kritik an ihrem langen Festhalten an der Erdgaspipeline Nord Stream 2 hat Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) ein Acht-Punkte-Programm zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien vorgelegt. Auch dieses stößt in zentralen Punkten auf Ablehnung bei Experten und Opposition.
Der Vorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien MV, Johann-Georg Jaeger, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der entscheidende Satz fehlt in dem Papier.» Es fehle das Bekenntnis der Landesregierung zu den Ausbauzielen des Bundes von zwei Prozent der Landesfläche für Windräder und einem Prozent für Photovoltaik. «Die Ministerpräsidentin blockiert das bislang, weil sie meint, damit kann man keine Wahlen gewinnen», sagte Jaeger.
Schwesig verkenne zudem die industriepolitische Bedeutung der erneuerbaren Energien für die Bundesrepublik. Sie betrachte Mecklenburg-Vorpommern als Insel, wenn sie in dem Acht-Punkte-Papier betone, dass im Land schon heute mehr als doppelt so viel Strom aus erneuerbaren Energien produziert wie verbraucht werde.
Auch die oppositionelle FDP im Schweriner Landtag hebt die Bedeutung CO2-freier Energie für die Industrie hervor. «Energie wird in Zukunft als Standortfaktor einen extrem hohen Stellenwert einnehmen. Wir sehen das bereits an Tesla oder Intel», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, David Wulff.
Landeseigene Flächen für Windräder und Solaranlagen, große Hoffnungen in die Wasserstofftechnologie als Speicher – diese Punkte im Energiepapier rufen bei der oppositionellen CDU im Landtag Kopfschütteln hervor. Beim Thema Technologie scheine die Landesregierung Wunschträumen zu folgen statt die Realität zur Kenntnis zu nehmen, sagte der Fraktionsvorsitzende Franz-Robert Liskow.
So wichtig die Erforschung der Wasserstofftechnologie sei, müsse man doch zur Kenntnis nehmen, dass sie als Speichertechnologie für eine breite Anwendung kurzfristig nicht wirtschaftlich verfügbar sein werde. «Nicht umsonst setzen die führenden Automobilhersteller auf Elektromobilität», sagte Liskow.
Beim angekündigten Einsatz landeseigener Flächen für erneuerbare Energien ist die Landesregierung nach Auffassung der CDU auf dem Holzweg. Eine verantwortungsvolle Politik müsse berücksichtigen, dass die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen auf der Welt begrenzt seien, sagte Liskow. «Insofern trägt auch Mecklenburg-Vorpommern eine Verantwortung, zur weltweiten Nahrungsmittelversorgung beizutragen.» Liskow sieht vielmehr in der Zusammenarbeit mit Ländern vor allem in Afrika große Chancen. Es sei illusorisch zu glauben, dass Deutschland sich vollständig selbst zu weltweit wettbewerbsfähigen Kosten mit regenerativer Energie versorgen könne.
Schwesig hatte bei der Vorstellung ihres Acht-Punkte-Energieplans offen gelassen, in welchem Umfang landeseigene Flächen für Windkraft und Solar bereitgestellt werden sollen. Anscheinend soll es aber ein signifikanter Beitrag sein. Die Energieversorgung dürfe nicht allein den Märkten überlassen werden, hatte die Regierungschefin bei der Vorstellung des Papiers Anfang April gesagt. Das Land Mecklenburg-Vorpommern wolle in die erneuerbaren Energien einsteigen, um an der Stelle auch steuern zu können.
Die FDP erteilte solchen Ideen rundweg eine Absage. «Ein VEB Energiekombinat beflügelt vielleicht rot-rote Wirtschaftsfantasien, aber mit der Realität hat das wenig zu tun», sagte Wulff. Die Investoren stünden Schlange. «Wir brauchen die Ausweisung von Flächen, schnelle Genehmigungsverfahren und eine echte Beteiligung der Bürger vor Ort. Es ist mir schleierhaft, wie Frau Schwesig das mit einem Staatskonzern erreichen will.»