NDR und Schweriner Volkszeitung luden am 28.01.2020 ins CAT in Schwerin ein. Im eher einkommensschwachen Stadtteil Mueßer Holz diskutierten Andrea Gottke (NDR), Prof. Dr. Marcel Helbig (Sozialwissenschaftler; Uni Erfurt), Christian Pegel (SPD; Infrastrukturminister), Dr. Rico Badenschier (SPD; Oberbürgermeister), Sandra Tondl (Stadtteilmanagement) und Bert Schüttpelz (SVZ) über eine Studie zur sozialen Entmischung.
Studie bringt keine neuen Erkenntnisse, aber solide Analyse
Helbig stellte seine Studie vor. In Städten wie Rostock, Schwerin und Greifswald spaltet sich die Gesellschaft in verschiedene Viertel. SGB-II-Leistungsbezieher und Ausländer sammeln sich in bestimmten Stadtteilen. Besserverdiener und soziale Aufsteiger zieht es in neue Vororte oder sanierte Innenstädte. Ähnliche Beobachtungen machte Helbig in den Küstenregionen. Dort werden die einkommenschwächeren Haushalte von der Küste mehr ins Land getrieben. Das dies alles nicht neues ist, machte Helbig auch klar. Seine Zahlen habe er fast alle von den Behörden vor Ort.
Pegel und Badenschier ohne Lösungen
Pegel verwies in seinen Ausführungen auf die Erkenntnisse der Studie. Erst einmal wollte man eine Analyse schaffen. Aber auch bei der Förderung zum Beispiel von Aufzügen oder Barrierefreiheit habe sein Ministerium bereits Steuergeld bereitgestellt. Das Land will nun in einigen Modellprojekten testen, wie Wohnraum für verschiedene Einkommensschichten in unterschiedlichen Stadtteilen geschehen kann. Als Vorbild benannte er die Stadt Wien.
Oberbürgermeister Badenschier erläuterte, dass einiges in den letzten Jahren getan wurde. So wurde beispielsweise der „Campus am Turm“ errichtet, in dem die laufende Veranstaltung stattfindet. Er räumte aber auch ein, dass Befragungen ergeben hätten, dass sich die Schweriner am Marienplatz und Mueßer Holz unsicher fühlen. Es gebe zwar noch keine konkreten Pläne, aber eine Errichtung einer weiterführenden Schule im Mueßer Holz könne er sich vorstellen.
„Demokratiserung des ÖPNV“ und „kulturelle Segregation“
In der Fragerunde kam vielfach der Wunsch auf, dass man den ÖPNV gebührenfrei gestalten müsse. Ein stadtbekannter linker Aktivist aus Schwerin nannte als positives Beispiel die südamerikanischen Städte Medellin und La Paz, wo der ÖPNV bereits „demokratisiert“ wurde. Dies habe erheblich zur Weiterentwicklung der Städte beigetragen. Badenschier erklärte, dass ein gebührenfreier Nahverkehr weitere 12 Millionen Euro Defizit einbringen würde, die durch Fahrscheine eingenommen würden. Pegel antwortete, dass man dann im ganzen Land ÖPNV kostenlos machen müsste, wofür keine Gelder da wäre.
Der Schweriner AfD-Stadtvertreter und Städtebau-Experte Steffen Beckmann bezweifelte, dass die Schaffung neuen Wohnraums zu einer sozialen Durchmischung führe. Er stellte die Frage nach der „kulturellen Segregation“ und wie man dagegen vorgehe. Die SPD-Politiker hatten darauf keine Antwort. Prof. Helbig benannte hierfür die Ursachen der Zuwanderung und deren Verteilung in die ohnehin leerstehenden kommunalen Immobilien. Viele Immobilienbesitzer hätten von den Flüchtlingen profitiert.
Interessant war auch, dass der SPD-Landtagsabgeordnete Jörg Heydorn seinen Parteikollegen vorwarf, nicht genug für den sozialen Wohnungsbau getan zu haben. All die Probleme wären „längst bekannt“. In Schwerin sei dieser vernachlässigt worden, beispielsweise beim Neubau am Ziegelinnensee.