V-Schutz-Bericht 2021: AfD-MV nicht erwähnenswert

SCHWERIN. Martin Richter

Einige Tage nach Erscheinen hat die Hanse Rundschau den Verfassungsschutzbericht tiefer analysiert. Innenminister Christian Pegel (SPD) hat den Verfassungsschutzbericht Mecklenburg-Vorpommern für das Jahr 2021 vorgestellt. Die 132 Seiten umfassenden Ausführungen – mit begrifflichen und statistischen Erläuterungen sind es sogar 160 – präsentierte Pegel am 24. August auf einer Pressekonferenz.

Pegel: Gefahr ist rechts

Zwar wiederholte der Minister die Meinung seiner Parteikollegin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die „nach wie vor größte Gefahr für unsere Demokratie“ sei der „Rechtsextremismus“, mehrfach. Bei näherer Betrachtung fiel aber auf, dass nicht nur die heterogene Gruppe der sogenannten Reichsbürger, sondern weiterhin auch Personen unter dem simplen Sammelbegriff „Selbstverwalter“ in diesem Zusammenhang angeführt werden. Dass das sogar der Regierung und den Verfassungsschützern selbst offenbar nicht ganz geheuer ist, demonstriert man, indem diesem Phänomen eine zwar eindeutig unter der Überschrift „politisch motivierte Kriminalität –Rechts-“ firmierende, aber zahlenverwirrende Fußnote spendiert wird.

AfD nicht erwähnenswert

Der Minister konstatierte in der Pressekonferenz gewohnt wort- und gestenreich, die „Zahl der Rechtsextremisten bei uns im Land“ sei „leicht“ gestiegen. Neben der Frage, wie sich die extremistischen Ränder der Gesellschaft angesichts rigider staatlicher Maßnahmen und fragwürdiger Demonstrationsauflagen bis hin zu -verboten entwickeln würden, stand auch die in den letzten Monaten medial stark forcierte Beobachtung und Einschätzung der AfD im Fokus. Im Monolog Pegels, immerhin fast 40 Minuten lang, nahm die AfD weniger als 60 Sekunden ein. Konkrete Anhaltspunkte, Vorwürfe, Belege? Fehlanzeige. Stattdessen wiederholte der Minister, dass das diesbezügliche Urteil des Verwaltungsgerichts Köln „nicht rechtskräftig“ sei.

Linke öfter gewaltbereit als Rechte

Michael Noetzel von den Linken musste später einräumen, „dass der Bericht wenig bis nichts zur Jungen Alternative“ oder zum vermeintlichen Flügel der Partei sage. Und er bilanzierte ebenso erstaunt wie zutreffend, dass mehr als die Hälfte der Personen, die dem Linksextremismus zugerechnet werden“, als „gewaltbereit“ eingestuft würden; ein Prozentsatz, der denjenigen bei Rechtsextremisten deutlich über-steigt. Dabei liegt die Erklärung doch auf der Hand: Eine immer häufigere Einstufung protestfreudiger Bürger der gesellschaftlichen Mitte als „rechtsextrem“ heißt nichts weniger, als dass diese Gruppe gar nicht per se gewaltaffin sein kann.

Insgesamt proklamiert der Innenminister tatsächlich einen Rückgang der Linksextremisten in M-V im Vergleich zum Vorjahr um 20 auf 480. Doch hier gilt: Zahlen sind das Eine, ihr Zustandekommen das Andere. So kommentierte der Fraktionsvorsitzende der AfD, Nikolaus Kramer, diese vermeintlich rückläufigen Zahlen des Linksextremismus kritisch: „Ich frage mich, was Minister Pegel zu der Aussage bewogen hat. Er hat bei seiner Einschätzung explizit Straftaten, die typisch für ein Wahljahr sind, unberücksichtigt gelassen. Man kann sich alles schönreden – die nackten Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik sprechen aber eine andere Sprache.“

Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit tendieren gegen Null

Stichwort Statistik: In der ersten Anlage zum Bericht sind Tabellen der politisch motivierten Kriminalität der Jahre 2020 und 2021 – aufgegliedert in „links“ und „rechts“. Dass bei fremdenfeindlichen Straftaten auf der linken Seite eine 0 steht, mag verständlich sein. Dass für beide Jahre keine einzige antisemitische Straftat angezeigt ist, erstaunt auch. Das Glanzlicht der Statistik, sowie des ganzen Berichts, verbirgt sich aber hinter „Propagandadelikten“. Auf der rechten Seite schlagen sage und schreibe 698 (2020) und 655 (2021) zu Buche. Und links? 9 (2021) und 0 Straftaten für das Jahr 2020.

Weitere eigene Darstellungen der Regierung kann man auf dem regierungseigenen Portal regierung-mv.de mit Stand vom 24.8.22 nachlesen. Dort nennt man unter den „rechten Parteien“ als größte die NPD, die in ganz MV lediglich noch 160 Mitglieder habe (zum Vergleich: Die PKK, die „Arbeiterpartei Kurdistans“, wird im Verfassungsschutzbericht mit 250 Mitgliedern, allein in M-V, unter „linksextremistischen Ausländer-organisationen“ angegeben). Gar nicht erwähnt – und damit an der Stelle also offenbar von der Regierung selbst nicht einmal in das breite Spektrum „rechter Parteien“ eingeordnet: die AfD.

Welche Vorwürfe gibt es denn nun aber konkret gegen die Alternative für Deutschland, schriftlich und handfest im Verfassungsschutzbericht nachlesbar? Keine. Es werden keine Straftaten genannt, geschwiege denn nachgewiesen. Stattdessen werden Einschätzungen des NPD-Vorsitzenden oder des ehemaligen AfD-Landessprechers Dennis Augustin zitiert mit Spekulationen und Querverweisen auf das Zusammenwirken verschiedener konservativ-patriotischer Organisationen.

Auf regierung-mv.de werden der Verfassungsschutzbericht und seine Präsentation durch den Innenminister abschließend mit einem „Hintergrund“-Bekenntnis untermalt.Kernaufgabe der Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern“ sei unter anderem, das „Demonstrationsrecht“ sowie „das Recht auf Bildung und Ausübung einer parlamentarischen Opposition“ zu schützen.

Links

Den Bericht findet man zum Herunterladen hier (hier klicken).

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