Von der SPD zur Basis – Wolfgang Wodarg im Gespräch

Wolfgang Wodarg war von 1994 bis 2009 Abgeordneter der SPD-Fraktion im Bundestag und anschließend Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Als Europapolitiker war er für Fragen der Sicherheit, Medizin und Gesundheit verantwortlich. Zur Politik im Zuge der Corona-Krise äußert er sich in den sozialen Medien kritisch. 2021 trat er aus der SPD aus und in die Basis ein. Diese wählte ihn zum Spitzenkandidaten für die kommende Bundestagswahl.
Der Hanse Rundschau gewährte Wolfgang Wodarg nun einen Einblick in seine Sicht auf aktuelle politische Probleme und die Lösungen, welche die Basis vorschlägt.

1. Sehr geehrter Herr Wodarg, Sie waren für 15 Jahre Mitglied der SPD-Fraktion im Bundestag. Was war ausschlaggebend dafür, dass Sie in SPD nicht mehr Ihre politische Heimat verorten?

Seit die SPD sich ohne Not in der Großen Koalition der korrupten Merkel-Regierung angebiedert hat, ist sie mir fremd geworden. Ich war dreimalig direkt gewählter Abgeordneter und bin aus Solidarität mit meiner Basis im Wahlkreis dort Mitglied geblieben. Jetzt, durch den Verrat an unseren Grundwerten, durch die aktive Teilnahme der SPD an der verantwortungslosen Panikmache mit Masken, Lockdown und den als Impfung deklarierten gentechnischen Massenexperimenten lief das Fass über. Ich hätte mich schuldig gemacht, wenn ich nicht ausgetreten wäre. 


2. Die Basis wird häufig als Ein-Themen-Partei wahrgenommen, die sich dem Kampf gegen die Corona-Maßnahmen verschrieben hat. Trifft das zu? Wenn nicht, welche weiteren Themenschwerpunkte bedient Ihre Partei?

Wir wollen die durch unser Grundgesetz garantierten Werte ernst nehmen und diese gegen eine drohende Übernahme durch einen von privaten Interessen gesteuerten Kontrollstaat verteidigen. Dazu möchten wir die Demokratie wiederbeleben, transparenter und für alle attraktiver machen. Wissenschaft, Bildung, Medien, Justiz, Gesundheitswesen müssen von der Korruption durch privatwirtschaftliche oder politische Einflüsse befreit und gestärkt werden. Schon daraus ergibt sich automatisch eine Themenvielfalt, der wir uns stellen.


3. Wie ginge die Basis mit der aktuellen Corona-Situation um, hätte sie Regierungsverantwortung? Welche Maßnahmen hielten Sie für angemessen?

Durch eine freie und öffentliche Diskussion wollen wir ein wissenschaftlich fundiertes Lagebild ermöglichen, welches evidenzbasierte und nachhaltige Entscheidungen für unsere Gesundheit fördert und welche den Profiteuren der Angst den Wind aus den Segeln nimmt. Mit uns werden auch die Maßnahmenkritiker am Tisch und vor den Fernsehkameras sitzen, damit ein abgewogenes Bild entsteht. Wir haben viele gute Argumente gegen Maskenpflicht, Gen-Spritzen, Gesundheitsdaten-Klau und Lockdowns. Die werden wir einbringen. Wir sind nicht fixiert auf ein Virus und haben viele weitere Risiken im Blick, vor denen wir Kinder wie Erwachsene schützen wollen. Es geht ja nicht nur um Gesundheit, vielmehr werden andere Themen und Agenden, die im Hintergrund laufen, kaum oder unzureichend diskutiert. Was halten die Menschen von einem Kontrollstaat, von Bargeldabschaffung, von digitaler Identität, von der Idee einer globalen Regierung, von gentechnischen Manipulation des Menschen, vom Essen aus dem Labor, vom Transhumanismus, vom sogenannten inklusiven Kapitalismus? Sind sie genügend informiert? 

4. Im Programm der Basis bekennen Sie sich zur Umstellung der Energiewirtschaft hin zur Klimaneutralität. Verfolgen Sie dabei eher einen marktwirtschaftlichen Weg im Stil der FDP oder setzen Sie eher auf staatliche Regularien?

Es geht dabei vor allem darum, die Monopolisten der Energiewirtschaft zu entmachten. Energie, Wohnung, Bildung, Mobilität, Gesundheit und gesunde Ernährung sind Bereiche der Daseinsvorsorge, die staatlich vor der Erpressung durch private Interessen und Monopole zu schützen sind. Regionalisierung, Transparenz und subsidiäre Verantwortung können helfen, die Kernbereiche der Daseinsvorsorge zu schützen. Gemeinwohlorientiertes Wirtschaften hat bei uns auch im Energiebereich Vorrang.

5. Im Interview mit Kaiser TV vom 3.10.2020 äußern Sie harsche Kritik an der Rolle der Medien in diesem Land. Wie würden Sie Ihre Erfahrungen mit den etablierten Medien im Rahmen Ihrer politischen Arbeit beschreiben? Welche Veränderungen halten Sie in diesem Bereich für nötig?

In einem Bericht für den Europarat habe ich 2008 sechsundzwanzig Kriterien zur Bewertung der Rolle der Medien für die Demokratien entwickelt. Sie wurden dann von der EU als Maßstab für Beitrittskandidaten genutzt. Deutschland würde heute dabei komplett durchfallen, weil die journalistische Freiheit auch bei uns einem von den Regierungen und mächtigen Investoren gewollten Konformitätsdruck gewichen ist. Wie viele Kritiker der staatlichen Corona-Politik wurde ich ab 18. März 2020 plötzlich nicht mehr von den alten Medien gefragt, sondern ohne Diskussion diffamiert oder mit absurden „Fakten“checks ruhiggestellt. Medien und Wissenschaft waren plötzlich unkritisch auf Regierungslinie. Auch im Internet wurden kritische Stimmen einfach abgeschaltet. Alternative Meinungen hatten es von da an schwer. Wir brauchen eine von Fremdinteressen unbeeinflussbare journalistische Eigenkontrolle, die transparent und kritikoffen ist und auch finanziell nicht gesteuert werden kann. Die Pflichtbeiträge für staatliche Medien wollen wir abschaffen und damit Vielfalt und Unabhängigkeit in den Medien fördern.

6. Seit 2015 ist die Migrationsfrage Anstoß zahlreicher Kontroversen. Wie ist Ihre Haltung zum regen Zustrom von Menschen aus dem vorderasiatischen und afrikanischen Raum nach Deutschland? Wo konkret sehen Sie in diesem Themenfeld Handlungsbedarf?

Menschen in Not hilft man leichter, wenn es einem selbst gut geht. Es ist politisch unverantwortlich, fremde Not und die schlechte Lage vieler Menschen im eigenen Lande gegeneinander auszuspielen. Früher mussten auch viele Deutsche flüchten und auch jetzt überlegen schon wieder einige, dem Corona-Wahnsinn durch die Flucht ins Ausland zu entkommen. Man sollte es Menschen nicht zum Vorwurf machen, wenn sie sich und ihre Familie vor Gewalt, Ausgrenzung, Verfolgung oder Hunger schützen wollen – unabhängig davon, woher sie kommen. Menschen lieben ihr Zuhause. Deshalb habe ich mich immer politisch dafür eingesetzt, die Fluchtursachen zu bekämpfen, sodass Menschen gar nicht erst flüchten müssen. Wenn Gemeinden stark sind, Zustrom brauchen und gut integrieren können, so kann man das fördern, aber aus dem Leid von Flüchtlingen politisches Kapital schlagen zu wollen, ist immer verwerflich. 

7. Welche Ziele verfolgt die Basis im Bereich der Außenpolitik hinsichtlich der Beziehungen zu Russland oder zur Nato?

Die multipolare Welt ist schwer durchschaubar. Politische Interessen und private Gier mischen sich in bedrohlicher Weise. Es geht meiner Meinung nach darum, diese zu durchschauen und richtig einzuschätzen, um mit möglichen Partnern regionale Autonomien, Frieden, Gemeinwohl und Vielfalt zu sichern. Die Nato als Organisation (nicht alle Mitgliedsstaaten) ist institutionell korrumpiert und schädlich. In der Auswahl zielführender internationaler Partner erscheint mir eine unvoreingenommene Offenheit taktisch klug.


8. Sehen Sie hinsichtlich der Europäischen Union Reformbedarf?

Ja, da sie als primär wirtschaftlicher Raum den Monopolisten und deren Lobbyisten Tor und Tür öffnet. Ich halte eine Ausrichtung Europas auf konsequente Subsidiarität, regionale Vielfalt und friedlichen solidarischen Interessenausgleich auf dem Boden der vom Europarat mit seinen 47 Mitgliedsstaaten entwickelten Werte für eine hoffnungsvolle Strategie.

9. Die Basis setzt sich für ein vielfältiges und freies Bildungssystem ein. Wie würden Sie dies konkret umsetzen und wo sehen Sie in diesem Bereich aktuell Mängel?

Ich bin für ein Recht auf Bildung und für eine schulische Vielfalt, bei der die Eltern in der Auswahl und Umsetzung das letzte Wort haben. Der Zugang zu allen Schulformen darf nicht mehr vom Einkommen der Eltern abhängen. Schule soll Spaß machen. Vereinheitlichung und Zwang verderben die Freude am gemeinsamen Lernen. Vielfalt, die nicht nur wohlhabenden Familien offensteht, mit mehr Kreativität und selbstbestimmtem Lernen ist gut für die ganze Gesellschaft. Die Schule soll unsere Kinder nicht einschüchtern, ihnen nicht die Luft zum Atmen nehmen oder sie durch Zwang absondern, sondern ihre Entwicklung zu freien, kritischen und verantwortungsfreudigen Menschen fördern.


10. Die Basis setzt sich für solidarisches Wirtschaften ein – die Wirtschaft solle dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. Wie sähen Sie dies konkret verwirklicht?

 dieBasis will Förderung und Erleichterung selbstorganisierter Regionalität z.B. durch Genossenschaften und durch regionale und transparente Kreditsysteme oder regionale Tauschbörsen für Waren und Dienstleistungen. Wir fordern Pflichten für überregionale Anbieter zur Integration in die Förderung der lokalen Infrastruktur, regionale Vernetzung der lokalen Wirtschaftsräume unter Wahrung der Vielfalt, staatliche und überstaatliche Regelungen zur Sicherung und Finanzierung des interregionalen Austausches in allen Bereichen.

11. Mit welchen anderen Parteien im aktuellen Landtagswahlkampf sehen Sie die meisten inhaltlichen Übereinstimmungen?

Bei unserem aktuellen Hauptthema, der sofortigen Beendigung der sogenannten epidemischen Notlage von nationaler Tragweite sehen wir leider noch keine möglichen Partner, was sich ja vielleicht bald ändern könnte, sobald die Folgen falscher Gesundheitspolitik immer deutlicher werden. In Bezug auf die anderen diskutierten Politikfelder werden sich vermutlich jeweils unterschiedliche thematische Kooperationsmöglichkeiten ergeben. Die werden dann– wie in Demokratien üblich – ausgehandelt werden. Wir wollen dabei nicht mauscheln, sondern möchten die Menschen unseres Landes über Alternativen informieren und im Dialog lernfähig bleiben.

Haben Sie vielen Dank für das Interview. Die Hanse Rundschau wünscht Ihnen weiterhin alles Gute und einen erfolgreichen Wahlkampf.



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