Warum kandidieren junge Schweriner für die AfD?

Alina Spiegel (20), Martin Schmidt (30) und Steffen Beckmann (40) kandidieren für die Stadtvertretung in Schwerin. Sie sind jeweils 10 Jahre auseinander. Sie haben völlig verschiedene Biografien. Die Gemeinsamkeit ist, dass sie als AfD-Mitglieder polarisieren.
Doch welche Ziele haben junge AfDler eigentlich für die Stadt, wenn man sie direkt fragt?

HANSE RUNDSCHAU im Interview mit drei AfD-Kandidaten, die für Schwerin antreten.

HR: Schönen guten Tag.

Spiegel: Danke für das Gespräch.

Schmidt: Guten Tag!

Beckmann: Moin!

HR: Wir beginnen gleich mit der ersten Frage. Was trieb Sie an, Mitglied in der AfD zu werden und warum kandidieren Sie für die Stadt?

Spiegel: Ich wurde vor drei Jahren Mitglied in der AfD, weil mir die politische Entwicklung in Deutschland Sorgen bereitete. Ich will aber nicht nur meckern, sondern selber etwas bewegen, deswegen habe ich mich auch entschlossen, für die Stadtvertretung zu kandidieren. Es ist wichtig, dass sich viele Menschen auch auf kommunaler Ebene engagieren, ihre Ideen einbringen und lösungsorientierte Politik vor Ort machen.

Schmidt: Eigentlich wollte ich nie in die Politik. Politiker und ihr triviales Gequatsche konnte ich nie leiden. Aber irgendwann ging es nicht mehr. EURO-Desaster, brutale Besteuerung der Bürger, Masseneinwanderung, Lohndrückerei und familienfeindliche Ideologien wurden immer schlimmer. Als ich sah, dass sich die AfD gründete, wurde ich 2013 sofort Mitglied. Nun trete ich für die AfD an, da ich in Schwerin meine neue Heimat sehe. Und weil ich Politiker nicht leiden kann, will ich Ihnen auf die Finger schauen und Ihnen das Leben schwer machen (lacht).

Beckmann: Einfach nur aus Liebe zu meiner Heimatstadt Schwerin (lacht). Wissen Sie, ich bin viel rumgekommen in der Welt. Bin als leidenschaftlicher Radfahrer durch Europa gefahren, habe unter anderem in Estland studiert und viele Jahre in Greifswald, Leipzig und Bielefeld verbracht. Aber nun zog es mich zurück nach Schwerin. Hier bin ich groß geworden und hier will ich auch dafür sorgen, dass es lebenswert bleibt. Die AfD war die optimale Partei dafür. Ohne Ideologie will man hier einfach die Probleme anpacken. Und es spielt keine Rolle ob ein Antrag von den Linken oder der FDP kommt. Wenn was gut ist, dann stimmt die AfD dafür. So muss Demokratie laufen.

Martin Schmidt (30), Diplom-Kaufmann, Hobbys: Philosophie, Wirtschaft, Kulinarik, Lieblingsbuch: Kehlmann – Die Vermessung der Welt, Lieblingsspeise: Pommersche Kohlrouladen von Oma, politisches Vorbild: Hermann Drewitz

HR: Werden Sie in ihrem passiven Wahlrecht eingeschränkt, soll heißen gibt es Störungen Ihres Wahlkampfes?

Schmidt: Man erlebt nur hin und wieder abgerissene Wahlplakate. Ansonsten werde ich eigentlich sehr wohlwollend in der Bevölkerung aufgenommen. Eine kleine Minderheit der Antifa-Miliz versucht natürlich den Wahlkampf zu stören, aber damit erreichen sie ohnehin das Gegenteil. Meine Kollegen haben das anderes erlebt… erzählt ihr doch mal.

Spiegel: Dass Wahlplakate abgerissen werden oder vereinzelt Pöbler zu Infoständen kommen, ist nichts Neues für uns. Allerdings erhalten wir in Schwerin auch viel Zuspruch im Wahlkampf. Aus anderen Städten und Gegenden kennt man da ganz andere Geschichten.

Beckmann: Leider ja, erst vor ein paar Wochen wurde mein „Demokratiemobil“ von ein paar Wutbürgern angegriffen. Es ist ein buntes, modifiziertes AfD-Lastenrad. Damit verteile ich Wahlprogramme und Grundgesetze. Sie traten dagegen, beschmierten es und klebten Antifa-Aufkleber drauf. Ich bin nicht wirklich verärgert darüber. Aber ich denke wir haben echt ein Demokratiedefizit in Deutschland. Viele Mitmenschen scheinen nichts aus der Geschichte gelernt zu haben.

HR: Das klingt ja übel, warum machen Sie das dann?

Beckmann: Wie gesagt. Ich liebe meine Stadt und mein Mecklenburger Land. Wir dürfen das Feld nicht den Antidemokraten überlassen, die unsere Gesellschaft spalten wollen.

Schmidt: Was bleibt einem anderes übrig?

Spiegel: Unter anderem um genau dieses antidemokratische Verhalten anzuprangern und nicht weiter hoffähig werden zu lassen.

HR: Was ist Ihr mit Abstand wichtigstes Anliegen für die Stadt?

Beckmann: Das ist für mich die Wiedereinrichtung der Frauenmilchbank. Eine Landeshauptstadt mit fast Hunderttausend Einwohnern und Speckgürtel sollte in der Lage sein Frühchen optimal zu versorgen. Aber auch der Erhalt der Traditionssportstätte Paulshöhe ist enorm wichtig. Mit mir wird der Platz 100%ig bleiben. Ferner will ich mich als geschichtsinteressierter Bürger für ein Landes- und Stadtmuseum einsetzen und dabei mitwirken. Aber auch die Stadtplanung sollte gewachsene Strukturen respektieren und organisch erweitern. Das Konzept des „Neuen Urbanismus“ spricht das an und kann hier ein guter Leitfaden sein.

Spiegel: Die Verbesserung der Infrastruktur und der Mobilität ist für mich ein wichtiges Thema. Jeder Bürger sollte die Möglichkeit haben, mit dem ÖPNV zur Arbeit und zu Freizeitaktivitäten fahren zu können, auch bei flexiblen Arbeitszeiten oder Schichtarbeit. Daher muss der Nahverkehr gestärkt und ausgebaut werden. Mit einem 365€-Jahresticket nach Wiener Vorbild könnte man die Nutzung des ÖPNV attraktiver und erschwinglicher gestalten. 

Schmidt: Der Haushalt. Wenn wir hier irgendwas noch positiv verändern wollen für die Zukunft, dann müsse wir den Haushalt umbasteln. Statt nur Quatsch zu fördern und Sozialfälle anzulocken, muss der Weg für die Wirtschaft und kräftige Steuerzahler geebnet werden.

Steffen Beckmann (40), Geschäftsführer des Vereins Konservativer Kommunalpolitiker, Hobbys: Segeln und Rad fahren; Lieblingsbuch: Prokop – Wer stiehlt schon Unterschenkel?; Lieblingsspeise: Soljanka; politisches Vorbild: Karl Tackert

HR: Welche Fehler haben die anderen Parteien gemacht?

Beckmann: Von solchen pauschalen Schuldzuweisungen halte ich nichts. Und im Nachhinein ist man immer schlauer. Dennoch sollte genauer hingeschaut werden wem so manches Projekt persönlich genutzt hat. Die engen Verzahnung von Vereinen, Sozialfirmen und Politik wird häufig genug kolportiert. Deshalb ist gerade hier im Sinne aller Beteiligten Transparenz erforderlich. Selbiges gilt für den Städtebau. So manche Bauten lassen einen doch staunend zurück, mit der Frage, wer diese Würfel genehmigt hat.

Schmidt: Die großen Fehler waren definitiv zahlreiche Verkäufe von städtischem Eigentum wie dem Krankenhaus. Aber auch sinnlose Ideologie-Projekte muss man unter die Lupe nehmen. Mit den hohen Gewerbesteuern hat man auch Unternehmen vergrault. Mit nur ca. 50% Auslastung der Gewerbeflächen ist Schwerin weit hinter Landkreisen wie Nordwestmecklenburg, die fast 90% ihrer Gewerbeflächen auslasten. Wenn wir viele Gewerbesteuerzahler haben, dann können wir auch Gelder umverteilen.

Spiegel: Es hat den Eindruck, dass viele Entscheidungen zu kurz gedacht werden. Zudem müssen die Schweriner Bürger bei wichtigen Themen mehr mit einbezogen werden, zum Beispiel durch Bürgerentscheide und durch mehr Transparenz.

HR: Warum sollte man Sie wählen?

Beckmann: Wer einen echten Schweriner in der Stadtvertretung haben will, der sich für Kultur und Leben interessiert, aber auch soziale Belange tangieren möchte, der sollte mich wählen.

Spiegel: Weil ich mich sachlich und lösungsorientiert für die Anliegen in unserer Stadt einsetzen werde, gerade im Bereich Infrastruktur und Stadtentwicklung. Außerdem ist es wichtig, dass verschiedene Altersgruppen in der Stadtvertretung vertreten sind, um die Interessen aller Generationen besser einschätzen und vertreten zu können.

Schmidt: (schmunzelt). An für sich sind alle klasse! Mich sollte man vielleicht dann wählen, wenn man sich für eine solide Wirtschaft und Finanzen in Schwerin stark machen will. Da verstehe ich was von und würde mich dort einbringen.

Alina Spiegel (20), Ingenieur-Studentin, Hobbys: Fotografieren, Modellbau; Lieblingsspeise: Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat, Lieblingsbuch: Shakespeare – Macbeth, pol. Vorbild: keins

HR: Nun, das klingt ja alles so nach Frieden, Freude, Eierkuchen; aber seien Sie doch ehrlich, das Hauptthema ist doch die Moschee, oder?

Schmidt: Das hängt ja alles zusammen. Warum wird eine Kaufhalle in eine Moschee umgewandelt? Das ergibt doch gar keinen Sinn. Da sollte wieder eine Kaufhalle oder Gewerbe rein. Ansonsten kann man das Objekt abreißen und neue Wohnungen dorthin bauen. Ein islamisches Gotteshaus muss ohnehin nicht gebaut werden, da die meisten Fachkräfte dringend in ihrer Heimat gebraucht werden.

Spiegel: Es ist definitiv ein wichtiges Thema, welches viele Bürger bewegt, da die Stadt über die Köpfe der Bevölkerung hinweg entschieden hat. Die Bürger und die Anwohner im Mueßer Holz sollten bei einer Entscheidung, die so wichtig für die Entwicklung eines Viertels ist, mitreden dürfen! Daher hat die AfD ja auch das Bürgerbegehren gestartet. Allerdings sind wir eben keine Ein-Themen-Partei und sprechen daher verschiedene Dinge an, die unserer Meinung nach wichtig für Schwerin sind.

Beckmann: Ich denke der Knackpunkt ist doch eher, wie mit dem Bürgerentscheid der AfD umgegangen wird. Bei solchen gravierenden Entscheidungen muss man einfach die Bürger fragen. Der Großteil der Schweriner sind Atheisten. Ihnen dann einen solchen eher strengen Tempel vor die Tür zu setzen, überfordert viele. Wir sollten das die Bürger entscheiden lassen.

HR: Sollten integrierte Muslime in Schwerin die AfD wählen? Wollen Sie Muslime integrieren?

Schmidt: Unbedingt. Ich kenne viele Muslime, die die AfD wählen. Vor allem Türken und Kurden regen sich über die radikalen Islamisten auf, die ein schlechtes Bild auf den Islam werfen. Aber auch viele abgehängte Zuwanderer aus älteren Generationen verstehen die Welt nicht mehr. Sie kamen hier an mit nur einem Wörterbuch und einem Koffer. Sie haben nichts geschenkt bekommen. Jahrzehntelang täglich im Dönerladen 12 Stunden geackert und ihre Steuern gezahlt. Und nun? Dahergelaufene Idioten – zu radikal für die syrische Demokratie – bekommen alles geschenkt, nur damit sie nicht kriminell werden und auf der Straße rumhocken.

Spiegel: Ja. Immerhin betreffen die Probleme und Gefahren, die von radikalen Islamisten ausgehen, auch die muslimische Bevölkerung.

Beckmann: Warum nicht? Ich unterscheide da nicht bei Zugezogenen. Da sind mir alle gleich lieb. Es gebietet einfach der Respekt dass man sich an die hiesigen Gepflogenheiten hält. Wer das nicht kann oder will sollte dann nicht zu sehr auf den Gemütlichkeit des Mecklenburger bauen.

HR: Gibt es rechtsradikale Mitglieder in Ihrem Kreisverband?

Schmidt: Ich habe keinen einzigen rechtsradikalen Idioten in der AfD kennengelernt. Im Gegenteil. Die AfD ist zutiefst liberal und konservativ. Die meisten Mitglieder lehnen zum Beispiel den Islam eben deswegen ab, weil er in seiner wörtlich ausgelegten Theologie rechtsradikal und menschenfeindlich ist und leider viele die Theologie dahingehend auslegen. Und überall setzen wir uns für direkte Demokratie ein, demokratischer geht es wohl kaum.

Beckmann: Das ist ja immer eine Frage was „rechtsradikal“ ist. Das mag von einigen Außenbetrachtern so wahrgenommen werden. Und so manch unpassende Äußerung im Eifer des Gefechts befeuert dies dann. Die Selbsteinschätzung steht da jedoch deutlich entgegen. In der Außenkommunikation sehe ich daher Optimierungsmöglichkeiten. Nach heutiger Definition ist man ja rechtsradikal, wenn man eine schädliche Währung kritisiert, einer unkontrollierten, millionenfachen Zuwanderung ins Sozialsystem und in den Wohnungsmarkt nicht zustimmt oder „Zigeunerschnitzel“ sagt (lacht).

Spiegel: Ich habe noch kein rechtsradikales Mitglied getroffen, nein. Ich denke, unsere Mitglieder vereint die Sorge um die Entwicklungen in unserer Stadt und in unserem Land, daher wollen wir darauf aufmerksam machen und etwas verändern. Da wäre Extremismus völlig fehl am Platze.

HR: Woher kommen dann die Vorwürfe von anderen Parteien?

Schmidt: Die Vorwürfe fußen aus einem simplen Grund. Man will seine Macht und Gelder schützen. Diffuse Beschimpfungen und inhaltslose Kategorisierungen sind ein probates Mittel dazu. Geht es nach den täglichen Beschimpfungen der Gegner, dann ist man ja eine Art neoliberaler, nationalsozialistischer und menschenfeindlicher Rassist. Durch solche etikettierten Vorwürfe soll man sozialem Druck ausgesetzt werden. Aber die Leute durchschauen das ja langsam.  Die Altparteien sind wie ein pubertierender Schuljunge, der hoffnungslos in der Freundschaftszone mit seiner Klassenkameradin gelandet ist. Sie lässt ihn nicht ran und steht lieber auf den geraden, dynamischen und ehrlichen Burschen im blauen Fußballtrikot, der nicht auf den Mund gefallen ist. Der Schuljunge wird dann ganz rot und keift gegen den anderen, was das für ein schlechter Kerl sei. So ist das auch in der Politik. Am Ende gewinnt aber der im blauen Trikot.

Beckmann: Möglicherweise ist es Bequemlichkeit. So kann man schließlich jegliche Debatte verweigern und eigenes Verhalten braucht daher nicht hinterfragt zu werden. Andererseits führt es zu einer sehr starken Protesthaltung seitens unserer Parteimitglieder. Damit steht man sich dann auch manchmal im Weg. Ich bin jedoch guter Dinge, dass durch die verstärkte Einbindung in die Kommunalpolitik hier sich pragmatischen Lösungen bei allen Seiten durchsetzen wird. Das verändert dann auch die Wahrnehmung.

Spiegel: Das ist wohl eine Mischung aus Ideologie und Angst vor Machtverlust. Es ist natürlich schade, dass die politische Arbeit dadurch erschwert wird, aber viele Bürger machen sich lieber ihr eigenes Bild, als solchen Anschuldigungen blind zu vertrauen. Ich habe nach einen Bürgergespräch am Infostand jedenfalls noch nie die Rückmeldung bekommen, dass diese Rechtsextremismus-Vorwürfe begründet wären.

HR: Wie viel Prozent schätzen Sie erhalten Sie?

Schmidt: Wenn wir 20% erhalten, dann wäre das ein Riesenerfolg. Wir könnten einiges in der Stadt bewegen. Aber dazu muss jeder zur Wahl und vor allem Oma und Opa Bescheid geben, dass sie auch AfD wählen müssen.

Beckmann: Zwischen 12 und 15 %. Bei solchen Schätzungen bin ich immer pessimistisch. Es freut sich dann besser wenn es mehr wird.

Spiegel: Ich möchte da keine Mutmaßungen anstellen, weil es auf kommunaler Ebene sehr schwer einzuschätzen ist, wie das Ergebnis letztendlich ausfällt. Wichtig ist, dass viele wählen gehen! Wir haben denke ich alle unser Bestes im Wahlkampf gegeben, waren in der Stadt präsent und haben ein tolles Wahlprogramm. Ich bin auf das Ergebnis gespannt.

HR: Vielen Dank!

Das Interview wurde am 11.05.2019 geführt.

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