Ein Wegweiser steht vor der Erdgasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 2. Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
Wieder Aufregung um die Ostseepipeline Nord Stream 2 – sie wird zwar nicht zum Gasimport genutzt, gefüllt ist sie aber dennoch. Nun wurde ein Druckabfall festgestellt. Die Ursache ist bislang unklar.
Lubmin (dpa) – In der Nacht zum Montag hat es in der Gaspipeline Nord Stream 2 nach Angaben des Betreibers einen Druckabfall gegeben. Es sei ein Druckverlust in Röhre A festgestellt worden, die zuständigen Marinebehörden in Deutschland, Dänemark, Schweden, Finnland und Russland seien sofort informiert worden, teilte der Sprecher des Pipeline-Betreibers Nord Stream 2 AG, Ulrich Lissek, am Montag mit. Die Untersuchung des Vorfalls dauere an.
«Es muss irgendwo ein Loch sein», sagte Lissek der Deutschen Presse-Agentur. «Nur kein Mensch weiß, wo.» Es könne sein, dass im Offshore-Bereich Gas entweiche. Wäre das an Land der Fall, würde man das mitbekommen. Normalerweise liege ein Druck von 105 Bar an. Jetzt seien es auf deutscher Seite nur noch 7 Bar. Die Ursachenforschung gestalte sich für die Nord Stream 2 AG sehr schwierig: Man stehe unter Sanktionen, verfüge kaum noch über Personal, und Gelder seien eingefroren. «Die Behörden sind alle informiert.» In Lubmin, dem Ort, in dem die Pipeline in Deutschland anlandet, sei nach Wissen Lisseks kein Personal der Nord Stream 2 AG.
Man könne auch keine Aufträge erteilen, da man diese nicht bezahlen könne, und müsse schauen, woher man nun Informationen erhalte, sagte Lissek.
Das Bundeswirtschaftsministerium teilte in Berlin mit, dass man noch «keine Klarheit über die Ursachen und den genauen Sachverhalt» habe. «Wir sind aktuell im Austausch mit den betroffenen Behörden, um den Sachverhalt aufzuklären», erklärte eine Sprecherin. Es sei weiter in Klärung, ob sich der Vorfall in deutschen Hoheitsgewässern ereignet habe.
Das Ministerium sei am Montag vom Netzbetreiber Gascade darüber informiert worden, dass es in der Pipeline einen starken Druckabfall gegeben habe. Der Austausch laufe nun zwischen dem Ministerium, dem Netzbetreiber, der Bundesnetzagentur, der Bundespolizei und dem vor Ort zuständigen Bergamt Stralsund sowie den zuständigen Landesministerien in Mecklenburg-Vorpommern. «Zusätzlich wurden auch die dänischen Behörden vorsorglich informiert», so die Sprecherin weiter.
Das Landesumweltministerium von Mecklenburg-Vorpommern hatte nach eigenen Angaben am frühen Montagnachmittag noch keine Kenntnis von dem Druckabfall. Vom Unternehmen Gascade hieß es, man habe eine Auffälligkeit festgestellt. Das Unternehmen betreibt in Lubmin Gas-Infrastruktur, an die auch Nord Stream 2 angeschlossen ist. Gascade sei aber nicht für die Offshore-Leitungen von Nord Stream 2 zuständig.
Der Doppelstrang der Pipeline Nord Stream 2 verläuft 1230 Kilometer von Russland durch die Ostsee bis nach Deutschland. Sie ist fertiggestellt und mit Gas gefüllt, allerdings wurde durch sie nie Gas importiert. Die Bundesregierung hatte das Genehmigungsverfahren für die fertiggestellte Leitung im Februar kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine auf Eis gelegt und auch danach betont, dass eine Inbetriebnahme nicht in Frage komme.
Schon kurz vor dem russischen Überfall auf die Ukraine hatten die USA Sanktionen gegen die Nord Stream 2 AG verhängt und alle Geschäfte mit dem Unternehmen mit Sitz in der Schweiz unmöglich gemacht. Erst kürzlich konnte ein drohender Konkurs erneut abgewendet werden. Das zuständige Gericht verlängerte eine provisorische Nachlassstundung bis zum 10. Januar 2023. Bis mindestens Januar können Gläubiger damit kein Geld eintreiben. Ein vom Gericht eingesetzter Sachwalter kann prüfen, ob eine Sanierung oder Verständigung mit den Gläubigern Aussicht auf Erfolg hat. Wenn das nicht der Fall ist, muss nach Schweizer Recht ein Konkursverfahren eröffnet werden.