Wagenknecht-Bündnis in MV: keine «Kugelschreiber-Partei»

Pappkartons mit Unterlagen stehen beim Gründungsakt der Partei „Bündnis Sahra Wagenknecht – für Vernunft und Gerechtigkeit“ (BSW) in einem Berliner Hotel. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa (Foto: dpa)

Rostock (dpa) – Noch hat das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Mecklenburg-Vorpommern keinen Landesverband gegründet. Geld für die Kommunalwahlen im Juni wird es nach Aussage der für MV zuständigen Landeskoordinatorin Sabine Zimmermann von der Bundespartei nicht geben. Dennoch zeigt sich die frühere Linken-Bundestagsabgeordnete zuversichtlich: «Wir sind eigentlich ganz optimistisch», sagte sie am Montag in einer Online-Schalte.

«Wir wollen auch anders sein als die Parteien.» Man sei keine «Kugelschreiber-Partei», die vor Ort Schreibgeräte verteile. Zimmermann setzt stattdessen auf das Engagement der Unterstützer und Mitglieder und Inhalte. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wachse. Sie verwies für MV auf Probleme im Gesundheits- und Bildungswesen, und steigende Preise.

Bei den Kommunalwahlen Anfang Juni werde man punktuell antreten. Für mehr reiche die Personaldecke noch nicht. Regional zuständige Mitglieder zeigten sich am Montag optimistisch, dass man etwa in Rostock antrete, aber auch bei den Kreistagswahlen in Vorpommern-Greifswald an der Mecklenburgischen Seenplatte oder bei Stadtvertreterwahlen in Greifswald, Neubrandenburg oder Ueckermünde.

Der auf Usedom lebende Mediziner Jan-Peter Warnke will für das BSW ins EU-Parlament einziehen. Für die ebenfalls am 9. Juni anstehenden EU-Wahl steht der 65-jährige Neurochirurg auf Listenplatz 5. Die Politik der vergangenen Jahre in Deutschland habe bestehende Probleme verschlimmert und neue aufgeworfen, sagte Warnke am Montag.

Warnke war nach eigener Aussage lange Zeit Direktor einer Klinik in Sachsen und hatte zunächst zwölf Jahre lang einen Zweitwohnsitz in Mecklenburg-Vorpommern. Vergangenes Jahr habe er nun seinen Hauptwohnsitz in den Nordosten gelegt.

Dass Krankenhäuser in privater Hand dazu verdammt seien, Renditen zu generieren, sei mit ärztlicher Ethik nicht zu vereinbaren, kritisierte Warnke. Das BSW stehe für eine Rücknahme von Privatisierungen öffentlicher Einrichtungen, die der Daseinsfürsorge gelten.

Zudem sei es nicht erklärbar, dass in einem Land wie MV mit derart viel Windkraft Energie so teuer sei und Menschen hier höhere Netzentgelte als anderswo zahlen müssten. Außerdem verwies Warnke auf Probleme im Bildungssektor. Mit Blick auf die EU kritisierte er eine «überbordende Regulierungswut in Brüssel».

Mögliche Übertritte von der AfD in das BSW schloss Zimmermann aus. «Von der AfD ist niemand gekommen, den nehmen wir nicht bei uns auf.» Gleichzeitig sagte sie erneut, dass das BSW angetreten sei, um dem Höhenflug der AfD entgegenzuwirken. Die frühere Linken-Bundestagsabgeordnete ist für den Aufbau des BSW in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern zuständig.

Bei der Schalte waren mehrere BSW-Mitglieder, die nach eigener Aussage in der Vergangenheit mal Mitglieder der Linken waren. Es gibt nach deren Aussage aber auch Zulauf von ehemaligen SPD- oder CDU-Anhängern. Laut Zimmermann wendet sich das BSW aber vor allem auch an Menschen, die zuvor keine Partei unterstützt haben.

Genaue Zahlen zum Zulauf in MV nannte Zimmermann nicht. Ihr persönlich lägen fast 200 Anfragen von Menschen vor, die den Aufbau der Partei im Nordosten unterstützen wollten. Ob ein Landesverband gegebenenfalls noch bis Ende Februar gegründet werden könne, entscheide sich demnächst.

Ein wiederkehrendes Thema war der Krieg in der Ukraine. Die BSW-Vertreter zeigten sich unzufrieden mit dem Umgang etwa der Bundesregierung mit dem Krieg. Es müsse mehr auf Gespräche statt etwa auf Waffenlieferungen gesetzt werden, sagte etwa, Lajos Orban, Regionalkoordinator für Rostock und den umliegenden Landkreis. Außerdem müsse auch die Vorgeschichte des Konflikts mehr Beachtung finden. Gefragt nach seiner Meinung zur möglichen Abtretung von Gebieten durch die Ukraine, sagte er, die Frage sei nicht einfach zu beantworten. Das hänge von möglichen Gesprächen ab. Den ukrainischen Verlust der Krim bezeichnete er hingegen als Status quo. Da passiere nichts mehr.

Der Rostocker Politikwissenschaftler Wolfgang Muno hatte dem BSW erst kürzlich «Pro-Putin-Propaganda» vorgeworfen.

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