Bürgerforum in Schwerin: Finanzminister wird gescholten

Julian Bolte

Am Dienstagabend, den 20.09.22, hatte die Landesregierung MV zu einem Bürgerform unter dem Motto „Herausforderung Energiebelastungen, Entlastungen, Lösungsansätze“ in Schwerin eingeladen.
Veranstaltungsort war das Ludwig-Bölkow-Haus der IHK zu Schwerin. Überall im Land sollen diese Bürgerforen über drei Tage verteilt stattfinden.

Minister Dr. Geue erklärt die Situation

In der Landeshauptstadt war für diese Veranstaltung der Finanzminister der Landesregierung MV, Dr. Heiko Geue (SPD), vor Ort und stand den Bürgern Rede und Antwort. Zu Beginn eröffnete der Finanzminister mit einer kurzen einleitenden Rede, welche einen Überblick über die Maßnahmen geben sollte, die die Landesregierung zur Entlastung der Bürger durchgesetzt hat und welche weiteren sie durchsetzen möchte.

Podiumsdiskussion

Danach ging es über in die Podiumsdiskussion, bei der neben dem Finanzminister auch der Geschäftsführer der Stadtwerke Schwerin, René Tilsen, und Beatrix Romberg aus dem Landwirtschaftsministerium teilnahmen. Gleich zu Beginn ging es nochmals im Detail um die Energiekrise und um die Versorgung und Entlastung für die Bürger. Dr. Geue sprach davon, dass MV im großen Maße von den geplanten LNG-Terminals profitieren würde, ähnlich wie das in NRW mit dem Tagebau und der anschließenden Ansiedlung von Unternehmen vor Ort der Fall war. Die Landes als auch die Bundesregierung würden derzeit einen Preisdeckel für Energie besprechen. Eine Übergewinnsteuer solle schnellstmöglich kommen, um den „großen Profiteuren“ dieser Krise das „Handwerk zu legen“. Auch der Klimawandel war für den SPD-Finanzminister ein Thema, dieser bedrohe uns sehr, deshalb müsse man schnellstmöglich „klimaneutral“ produzieren.

Strompreise werden dauerhaft teuer

Herr Tilsen wurde nach der Energiesicherheit für die Landeshauptstadt befragt. Er stellte fest, dass die Energieversorgung in Schwerin recht sicher sei, denn selbst wenn es zu einer Gasknappheit kommen würde, könnte man den Betrieb auch vorerst mit Heizöl weiterlaufen lassen und den Haushalten eine gewisse Sicherheit bieten.
Bezüglich des Strompreises stellte er fest, dass dieser sehr wahrscheinlich noch einmal deutlich steigen werde, bis sich der Preis voraussichtlich zwischen 2024/2025 auf einem niedrigeren Niveau einpendeln würde, so günstig wie vor der Krise, werde es aber nicht wieder werden, so Tilsen.

Minister Geue schiebt Verantwortung auf den Bund

Nun ging es über in die Fragerunde mit den Bürgern, die vor Ort waren.
Die erste Frage kam von einer Unternehmerin, die eine Bäckerei betreibt. Sie fragte den Finanzminister wieso, bei all den Entlastungspaketen, für die Wirtschaft und vor allem für die kleinen und mittleren Unternehmen nichts konkretes von der Bundes- und Landesregierung komme.
Geue erhoffe sich, dass auch für die Unternehmen demnächst Entlastungen geschaffen werden und ruft die Unternehmer dazu auf, über ihre Verbände auch bei der Bundesregierung vorstellig zu werden.

Autohaus-Unternehmer redet Tacheles

Weitere Fragen und Anmerkungen kamen von einem Unternehmer aus der Automobilbranche. Dieser berichtete, dass seine Mitarbeiter jetzt schon zu ihm kommen würde und über Geldnöte zu berichten hätten. Er prangerte die verfehlte Energiewende, die zu hohe Steuerlast und die seiner Meinung nach schwachen Entlastungspakete an, die nur ein Tropfen auf dem heißen Stein seien. Auch das Bürgergeld, welches die Bundesregierung ab 2023 einführen möchte, sei ein völlig falscher Anreiz. „Wieso sollen die Leute noch arbeiten gehen, wenn sich das dann gar nicht mehr wirklich lohnt, sie haben das Gefühl, dass der Staat das dann schon alles regelt“ sagte er. Auch Atomkraft war ein Thema für ihn, diese solle nicht nur reaktiviert werden sondern ausgebaut werden. Geue wies dies von sich und betonte noch einmal, dass dieses Bürgergeld sehr wichtig sei und man auch versuchen möchte Unternehmer demnächst zu entlasten. Wichtig sei auch der Ausbau der erneuerbaren Energien, die langfristig den Strompreis sinken lassen würden. Von der Atomkraft distanzierte sich der Finanzminister, er sehe aber ein, dass man die AKW´s aktuell weiterlaufen lassen sollte.

Geue sieht Verstaatlichungen kritisch

Anschließend kam ein Herr dran, welcher dem Finanzminister einen Lösungsansatz für diese Krise vortragen wollte. Seine Lösung, im breiten Masse große Energieunternehmen zu verstaatlichen, Marktmechanismen außer Kraft zu setzen und Planungssicherheit für den Staat zu schaffen. Nach diesem Vorwand schluckten einige Unternehmer im Saal erst einmal.
Wieder antwortete der Finanzminister und stimmte dem Vorredner zu, er sehe Verstaatlichungen immer noch ziemlich kritisch, dies könne aber ggf. auch ein Weg zu einer Lösung sein.

Forderungen nach Öffnung von Nord Stream 2

Zum Schluss kam noch ein weiterer Bürger dran. Dieser kritisierte die Landesregierung scharf dafür, dass sie aus moralischen Erwägungen ausschließe Nord Stream 2 ans Netz zunehmen und somit zur Energiesicherheit beizutragen. Russland sei immer ein zuverlässiger Lieferant gewesen und er äußerte, dass LNG aus den USA und Katar viel zu teuer seien. Zudem sagte er, dass man doch den viel beschworene Klimaschutz einen Bärendienst erweisen würde, wenn man riesige Schiffe über die Meere fahren lässt, nur damit wir unser LNG bekommen.
Tilsen und Geue antworteten, dass Russland kein zuverlässiger Partner mehr sei und man sich neuen Technologien und anderen Handelspartnern zuwenden müsste. Unbedingt müsse noch mehr in die Windenergie und auch in die Photovoltaik investiert werden um eine Energiewende zu realisieren.

Es geht weiter mit Bürgerforen

Pünktlich 20:00 Uhr wurde die Veranstaltung beendet. Applaus gab es keinen. Man sah den Bürgern die Existenzängste förmlich an. Die Moderatorin zeigte sich ein wenig enttäuscht, dass nur ca. 25 Bürger teilgenommen haben.

Heute geht es unter anderem in Ludwigslust mit der Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke) weiter. Anmelden kann man sich für alle Formate hier (hier klicken).

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