Eva-Maria Kröger (Linke), neu gewählte Oberbürgermeisterin der Hansestadt Rostock, sitzt im Landtag von Mecklenburg-Vorpommerns bei der ersten Sitzung im neuen Jahr auf ihrem Abgeordnetenplatz. Jens Büttner/dpa
Seit fast drei Jahren arbeitet die Landesregierung im Krisenmodus. Die Corona-Krise scheint überwunden. Doch fordert die Energiekrise mit all ihren Ursachen und Wirkungen die Politik, wie in der Aktuellen Stunde des Landtags erneut deutlich wurde.
Schwerin (dpa/mv) – Die Aktuelle Stunde zum Thema Zeitenwende hat am Mittwoch im Landtag für eine lebhafte Diskussion zu den Reaktionen auf den russischen Angriff auf die Ukraine und den Folgen für die Wirtschafts- und Energiepolitik gesorgt. Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) nutzte die Debatte, um erneut die Bemühungen von Bund und Ländern zur Dämpfung der hohen Preise für Gas, Strom und Lebensmittel hervorzuheben. Redner von AfD, CDU und FDP übten Kritik an einer nach ihrer Meinung einseitigen Ausrichtung auf erneuerbare Energien.
Nach der Bewältigung der Corona-Krise stehen das Land und seine Bewohner nach den Worten Schwesigs im neuen Jahr vor weiteren großen Herausforderungen, die nur gemeinsam zu bewältigen seien. Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine habe die europäische Friedensordnung zerstört; mit weitreichenden Folgen für die Wirtschaft, die Energieversorgung und das Alltagsleben.
«Das Allerwichtigste ist, dass der Krieg endet», sagte Schwesig. Russlands Präsident Wladimir Putin habe ihn begonnen und müsse ihn nun beenden. Zur bevorstehenden Lieferung deutscher Kampfpanzer an die Ukraine äußerte sich Schwesig nicht. Redner von CDU, FDP und Grünen begrüßten den Schritt ausdrücklich, AfD und Linke sprachen sich dagegen aus.
Ausführlich ging die Ministerpräsidentin auf die Gewährleistung einer sicheren und bezahlbaren Energieversorgung ein. Der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien sei wesentlicher Bestandteil der Zeitenwende. Mit Hilfe von Sonne, Wind und Biomasse solle die künftige Versorgung mit Strom sichergestellt und die Abhängigkeit von klimaschädlichen fossilen Brennstoffen verringert werden. «Die größte Unabhängigkeit bieten die erneuerbaren Energien. Deshalb ist es so wichtig, dass wir beim Ausbau schnell vorankommen», sagte Schwesig.
Sie räumte zugleich aber ein, dass das Tempo in Mecklenburg-Vorpommern in den zurückliegenden Jahren zu gering gewesen sei. So könne es nicht bleiben. Mit einer Reihe von Gesetzesänderungen werde aber wieder mehr Schwung in die Entwicklung kommen, zeigte sie sich überzeugt. Wichtig sei auch, die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen – durch eine stärkere Beteiligung von Kommunen und Bürgern an den Erträgen der Windparks sowie eine gerechte Verteilung der Netzentgelte, die im Norden seit Jahren am höchsten sind.
Die erneuerbaren Energien seien eine große Chance für die wirtschaftliche Entwicklung Mecklenburg-Vorpommerns. «Die wollen wir nutzen, um unser Land ökonomisch, ökologisch und sozial in eine gute Zukunft zu führen», sagte Schwesig. Mit den Häfen in Rostock und Lubmin werde Mecklenburg-Vorpommern zur Energiedrehscheibe und leiste seinen Beitrag für Energiesicherheit und bezahlbare Energie.
Die AfD-Abgeordnete Petra Federau zog erneut in Zweifel, dass der Energiebedarf der Industrienation Deutschland mit Wind- und Sonnenstrom gedeckt werden kann. Wie andere Staaten auch solle Deutschland an der Kernkraft festhalten, forderte sie. Die Pläne des Bundes zur Lieferung von Leopard-Panzern an die Ukraine kritisierte sie scharf. Dies erhöhe die Gefahr eines dritten Weltkrieges.
Auch die Chefin der Linksfraktion, Jeannine Rösler, sprach sich gegen Panzer-Lieferungen aus. «Zeitenwende steht für eine neue Ära. Und es ist Aufgabe und Verantwortung aller, dass diese neue Ära nicht auf Hochrüstung, Leid und Krieg aufgebaut wird», sagte sie. Im Mittelpunkt müssten die Bemühungen stehen, Frieden zu schaffen. Zudem forderte Rösler die Abschöpfung von Krisengewinnen, um mit dem Geld soziale Schieflagen zu bekämpfen.
CDU-Fraktionschef Franz-Robert Liskow begrüßte die Ankündigung des Bundes, nach langem Zögern Panzer zu liefern. «Dieser Schritt verdient Respekt. Er wird Bundeskanzler Olaf Scholz nicht leicht gefallen sein», sagte Liskow. Auch er kritisierte das unzureichende Tempo bei der Umstellung der Energiegewinnung im Nordosten. «Bei der Energiewende sind wir weit hinten im Länderranking», sagte Liskow. Wie er forderte auch Grünen-Fraktionschef Harald Terpe mehr Tempo.
David Wulff von der FDP-Fraktion warf der rot-roten Landesregierung vor, die Bemühungen des Bundes zur Stärkung der Verteidigungskraft nicht genügend zu unterstützen. «Mit der Linken in der Regierungskoalition ist nach aller Erfahrung gar keine seriöse Sicherheits- und Innenpolitik zu machen», konstatierte Wulff. Er beklagte zudem das Fehlen eines industrie- und energiepolitischen Gesamtkonzeptes für das Land.