Interview: Die Stralsunder AfD-Fraktion

Die AfD polarisiert in der politischen Debatte in Deutschland. Für die einen sind die Alternativen „Mutbürger“, für die anderen „Rechtspopulisten“. In den Medien werden stets hochrangige Politiker wie Björn Höcke oder Beatrix von Storch zitiert und besprochen. Doch wie ticken eigentlich die typischen AfD-Mitglieder auf kommunaler Ebene? Die Hanse Rundschau hat bei der Stadtfraktion in Stralsund nachgefragt. Die Stadtfraktionen anderer Parteien haben auf Anfrage der HR nicht geantwortet. Das Interview wurde schriftlich geführt und vom Fraktionschef Jens Kühnel beantwortet.

Die Stralsunder AfD-Stadtfraktion mit Sachkundigen Einwohnern

1. Ende Mai diesen Jahres wurde die Stralsunder Bürgerschaft gewählt. Auf welche Erfolge ist Ihre Fraktion besonders stolz?

Es geht uns nicht um Stolz, sondern um die Interessenvertretung der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Die eigentliche Arbeit des Stadtparlamentes findet in den Ausschüssen statt. Wir sind durch unsere Fraktionsstärke in 13 Ausschüssen und zahlreichen Aufsichtsräten und Verwaltungsgremien und arbeiten dort mit allen anderen Fraktionen konstruktiv und bürgernah. Außerdem stellt sich bei vielen Abstimmungen in der Bürgerschaft heraus, dass es zusammen mit den Fraktionen der CDU/FDP und der Fraktion Bürger für Stralsund eine überwiegend konservative Mehrheit in unserer Bürgerschaft gibt. Auch wenn die anderen Fraktionen das natürlich so nicht bezeichnen würden oder dürfen.

2. Ein Thema, welches im Alltag vieler Bürger präsent ist, ist die unbefriedigende Parkplatzsituation. Ist in dieser Hinsicht eine Veränderung zu erwarten?

Die Parkplatzsituation, besonders in der Innenstadt, ist in allen Städten ein nie ganz zu lösendes Problem. Stralsund verfügt inzwischen über 3 große und ein kleines Parkhaus. Des Weiteren gibt es noch einen P+R Parkplatz mit Busanbindung in der Franken Vorstadt. Für die Bewohner der Innenstadt werden auf Antrag auch Anwohnerparkausweise ausgestellt. Dabei werden üblicherweise pro PKW Stellplatz 2 Parkausweise vergeben. Es gibt also keinen Anspruch darauf als Bewohner der Innenstadt dort auch tatsächlich einen freien Parkplatz zu finden. Durch die Anwohner Parkplätze verzichtet die Stadt Stralsund auch auf erhebliche Einnahmen, welche mittels Parkgebühren jetzt nicht mehr bewirtschaftet werden können. Das Thema Parkplatzsituation ist zur Zeit aus unserer Sicht ausgereizt und lässt nicht weiter verbessern.

3. Welche Rolle sollte Ihrer Meinung nach die E-Mobilität in der künftigen Verkehrsplanung spielen?

Bei der E-Mobilität in unserer Verkehrsplanung stehen wir nach unserer Meinung ganz am Anfang einer deutschlandweit noch nicht ausgereiften Konzeption. Für die vielen, oft wüst geparkten, zu mietenden E-Roller der Großstädte fehlt hier zum Glück der Bedarf. Da können wir abwarten welche Konzepte andere Städte entwickeln und diese dann gegebenenfalls bei uns übernehmen.
Für private PKWs stehen zum Beispiel in der Heilgeiststraße im Innenstadtbereich jetzt schon Parkplätze mit Ladestationen zur Verfügung. Es muss also niemand sein E-Auto nach Hause schieben.
Allerdings darf man die immer noch geringe Verbreitung der E-Autos dabei nicht außer Acht lassen. Der hohe Anschaffungspreis und die relativ geringe Reichweite machen diese Fahrzeuge nicht gerade attraktiv. Was für ein Auto fahren Sie denn?
Unbeachtet bleibt außerdem oft das Problem der Nachladung. Wenn sie in einem Wohngebiet plötzlich alle PKWs mittels Schnell-Ladung wieder aufladen möchten, bekommen Sie ganz schnell Probleme mit der Leitungskapazität des Energieversorgers. Dieses Problem wird von den Medien gerne unterschlagen, unterschätzen darf man es aber nicht.
Es bleibt auch noch das Problem der Rohstoffgewinnung für die Batterien. Da werden in Afrika ganze Landstriche verwüstet. Das dann auch noch unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen. Auch hier vermissen wir eine objektive Berichterstattung unserer Medien.
Da sich elektrischer Strom bis jetzt nicht effektiv speichern lässt, kommt gleich das nächste Problem einer stabilen Energieversorgung auf uns zu. Die regenerativen Energiequellen Sonne und Wind unterliegen naturgemäß großen Schwankungen in der Ausbeute. Es stellt sich die Frage, ob Elektromotoren überhaupt die richtige Technologie der Zukunft sind. Die Schweiz stellt gerade viele Lastkraftwagen auf Wasserstoffantrieb um und baut gleichzeitig das Tankstellennetz dafür aus. Und die Schweizer sind nicht gerade für ihren Aktionismus bekannt. Sie sehen also, das Thema ist viel zu komplex, um es hier in nur wenigen Worten abschließend zu behandeln. Seien Sie aber gewiss, dass wir als AfD-Fraktion ökonomisch und ökologisch immer ein Auge auf das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen haben werden.

4. Wie sehen Sie die Situation hinsichtlich der Bevölkerungsentwicklung? Welche Maßnahmen sind in Ihren Augen nötig, um künftig eine positive Entwicklung zu gewährleisten?

Die Verwaltung der Stadt Stralsund hat bei der Firma GMA in Hamburg ein Gutachten für ein regionales Einzelhandelskonzept für den Stadt-Umland-Raum in Auftrag gegeben, welches kürzlich auch veröffentlicht wurde. Auf den über 200 Seiten können sie für die Stadt und die Umlandgemeinden unter anderem die Bevölkerungsentwicklung des Zeitraumes 2012 bis 2017 und auch eine Entwicklungsprognose entnehmen. Der Bevölkerungszuwachs Stralsunds betrug in diesem Zeitraum 1,9% und ist auch weiter steigend. Wir spüren den Zuzug in einem steigenden Bedarf an Wohnungen und Bauland. Die AfD hat im Bauausschuss und in der Bürgerschaft bisher allen Anträgen zu Bebauungsplänen zugestimmt. Es muss weiterhin sehr intensiv an der Infrastruktur gearbeitet werden um Stralsund als Studienstandort und auch als Industriestandort auszubauen.

5. Wie sehen Sie die Ausstattung und den Zustand der Stralsunder Schulen? Sind diese den Anforderungen der Digitalisierung und steigender Schülerzahlen gewachsen?

Leider ist der Zustand vieler Stralsunder Schulen ungenügend. Neuestes Beispiel ist hier der Wassereinbruch in der Schule in Andershof. Es müssen entschieden mehr finanzielle Mittel aufgebracht werden, um in den Schulen wieder ein Bildungsklima zu schaffen, welches einem guten Schnitt entspricht. Natürlich ist auch die Digitalisierung ein großes Thema jedoch sollten wir bei Lehrermangel und maroden gebauten sowie Equipment ansetzten und natürlich in Verbindung mit ihrer vorherigen Frage den Standort Stralsund für junge Lehrkräfte attraktiver gestalten.

6. Die Zusammensetzung der Bürgerschaft hat sich deutlich geändert – Die CDU bleibt mit 20 Prozent stärkste Kraft, dicht gefolgt von den Bürger für Stralsund, die beinahe vier Prozent zulegten und 17,6 Prozent erreichten. Die AfD errang 13 Prozent, die SPD konnte nur noch 9,3 Prozent der Bürger von sich überzeugen. Die NPD ist nicht mehr vertreten und die Grünen konnten sich auf 15 Prozent verbessern. Wie erleben Sie die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen? Hat sich diese im Zuge der neuen Zusammensetzung der Bürgerschaft verändert?

Die Arbeit zusammen mit den anderen Fraktionen ist natürlich gegeben. Gerade in den verschiedenen Ausschüssen wird diskutiert und Problematiken von allen Seiten beleuchtet. Eine Zusammenarbeit kann man immer generieren, da alle gewählten Mitglieder der Bürgerschaft nur das Beste für die Bürger Stralsunds wollen, natürlich hier abgestimmt auf die einzelnen Interessengruppen. Interessant ist zu beobachten das die konservativeren Parteien zu denen wir uns auch eindeutig zählen, natürlich enger zusammenarbeiten. Jedoch können wir nicht direkt beurteilen in wie fern sich die sonstige Zusammenarbeit der Fraktionen geändert hat da dies unsere erste Wahlperiode ist.

7. Nicht immer macht die Weltpolitik Halt vor den Türen der Rathäuser – insbesondere in Zeiten stark emotionalisierter Diskurse, in denen grundsätzliche Fragen des Zusammenlebens ausgehandelt werden. Greifswald und Rostock haben den sogenannten „Klimanotstand“ ausgerufen sowie ihre Städte zu „sicheren Häfen“ erklärt und so die Bereitschaft zur Aufnahme weiterer Einwanderer signalisiert. Wie stünde Ihre Fraktion zu derartigen Anliegen?

Die Vorschläge zum Ausrufen des Klimanotstandes und zur Deklaration der Stadt als „sicheren Hafen“ und der freiwilligen Aufnahme zusätzlicher Flüchtlinge hat es in der Bürgerschaft Stralsund bereits gegeben. Durch die unter Punkt 1 bereits genannte konservative Mehrheit hat diesen Unsinn in beiden Fällen abgelehnt.
Nach der De-Industrialisierung in den fünf neuen Bundesländern hat sich der CO2-Ausstoß dort bereits deutlich reduziert. Die Stadt Stralsund hat mit dem Aufbau von Anlagen zur Energiegewinnung aus regenerativen Quellen bereits begonnen und baut diese auch weiter aus. Ein Klimatotstand wäre nur schädlich für die Wirtschaft und den Tourismus und nützt niemandem.
Bei dem Antrag Stralsund zum sicheren Hafen zu ernennen, werden eindeutig die Zuständigkeiten von Bund und Kommunen vermischt. Deshalb viel auch dieser Antrag in der Bürgerschaft durch.

Gestatten Sie uns bitte noch einige Anmerkungen zu den Wirtschaftsmigranten, welche sich über das Mittelmeer auf den Weg nach Europa machen:
Niemand hat gefordert Schiffbrüchige Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen. Natürlich ist es die Pflicht eines jeden Schiffes, Menschenleben zu retten und in den nächsten sicheren Hafen zu bringen. Wenn dieser Hafen dann nur 20 Seemeilen vor Afrika liegt, ist es normalerweise international üblich diesen dann auch anzulaufen und sich nicht 200 Seemeilen auf den Weg nach Europa zu machen.
Die Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) kreuzen vor Afrika um Menschenleben zu „retten“. Nach der Rettung vor dem Ertrinken werden diese Menschen dann aber nicht zur nächsten Küste gebracht, sondern nach Europa chauffiert. Das, was diese NGOs dort tun, ist also nichts anders als organisierter Menschenschmuggel. Dadurch, dass diese NGOs vor Afrikas Küsten warten, machen sich viele Menschen doch erst mit See untüchtigen Booten auf den Weg nach Europa in der Hoffnung unterwegs gerettet zu werden. Die NGOs schüren also die Hoffnung auf eine sichere Passage und sind somit mit Verursacher vieler Ertrunkener.
Wir von der AfD haben uns der Wahrheit verpflichtet und sprechen diese auch aus.

8. Im Jahr 2024 gibt es neue Kommunalwahlen, bis dahin können Sie Ihre Pläne und Visionen in Angriff nehmen. Welche sind das? Wie sehen Sie die Hansestadt Stralsund in fünf Jahren?

Das Hauptziel unserer Kommunalpolitik ist es, unsere Heimat, unsere Kultur und unsere Lebensweise für zukünftige Generationen zu sichern. Wir wollen unsere Stadt zu einer gerechten, lebenswerten und mit vielen Kindern gesegneten Heimat machen. Wir wollen junge Menschen ermutigen, hier im schönen Stralsund zu leben, zu arbeiten und Familien zu gründen. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, damit Menschen hierzulande eine Lebensperspektive für sich erkennen. Wir brauchen gute wirtschaftliche Bedingungen, damit Arbeitsplätze erhalten werden und neue entstehen können. Wir brauchen Unterstützung für unsere Familien und Kinder, ein ausgezeichnetes Bildungssystem und Sicherheit.

Allgemein, Deutschland, M-V, Meinung, Politik, Stralsund
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