Kommentar: Bürgerin bittet um Verständnis für Maskenbefreite

(Schwerin/Sandra Nothoff / HR)

Während zu Beginn der sogenannten Corona Pandemie noch eine gewisse Solidarität in weiten Teilen der Bevölkerung vorherrschte und das Gute in manchen Zeitgenossen zum Vorschein brachte, so ist dieses mittlerweile bei nicht wenigen ins komplette Gegenteil umgeschlagen.
Immer mehr Menschen fühlen sich dazu berufen, Corona-Hilfssheriff oder Ordnungsamt zu spielen. Anfeindungen, Bespitzelungen und Ausgrenzung von Menschen – die ohne Maske unterwegs sind – sind die Folgen. Dabei ist es mittlerweile vollkommen unerheblich, ob es sich um Maskenverweigerer oder Menschen mit schweren Erkrankungen handelt, die ein ärztliches Attest vorweisen können, welches sie vom Tragen der Mund-Nasen Schutzes – kurz Maske – befreit.

Die Indikationen für eine Befreiung reichen dabei von schweren Atemwegserkrankungen bis hin zu psychischen Störungen/Erkrankungen. Hin und wieder sind auch gleich mehrere Grunderkrankungen der Grund für eine Befreiung. Dabei ist es für die „Maskenbefreiten“ häufig mehrfach stressig. Zum einen müssen sie sich – wenn es denn ein erhöhtes Infektionsrisiko gibt – diesem immer wieder aussetzen und zum anderen
werden sie dafür noch diskriminiert. Und nur selten sieht man es einem Menschen an, welches Schicksal er oder sie erleidet, dass ihm oder ihr das Tragen einer Maske unmöglich macht.

Und ja, ich spreche auch aus eigener Erfahrung. Tagtäglich erlebe ich, aber nicht nur ich, Anfeindungen in Bussen und Bahnen. Sogar Pöbeleien sind nicht gerade selten. Dabei ist der Vorwurf in aller Regel, dass man die Gesundheit seiner Mitmenschen fahrlässig „aufs Spiel setze“. Was aber blanker Nonsens wäre, so denn die Masken ihre Träger schützen würden. Was durchaus von einigen Experten angezweifelt wird. Wie auch immer
man dieses Geschehen betrachtet: Die größte Gefahr droht den Betroffenen, die ohne Masken unterwegs sein müssen. Nicht den Pöblern. Selten sind sie nur „aus Spaß an der Freude“ unterwegs. Zumeist, um die Anforderungen des täglichen Lebens zu meistern. Das führt nicht selten zu grotesken
Situationen. Häufig sind es Menschen, die ihre Masken nicht richtig tragen, einen verschmutzten Gesichtsschutz tragen – oder nur einen Schal vor dem Gesicht tragen, die ihre Mitmenschen vollkommen zu Unrecht anpöbeln.
Nicht wenige Menschen im Einzelhandel sind der irrigen Auffassung, sie dürften aufgrund der Maskenverordnung die Krankengeschichten der Betroffenen ausforschen. So ist es mir an einer hiesigen Tankstelle vor einiger Zeit passiert. Der Mitarbeiter verlangte von mir, dass ich ihm meine
Diagnosen mitzuteilen hätte. Das ich meine Krankengeschichte keinem Fremden erzähle, dürfte jedem Leser klar sein und versteht sich von selbst.
Unabhängig davon spielen sich nicht wenige als „Security“ auf und verlangen die Atteste zu sehen. Weigert sich der Betroffene, so wird ihm in der Regel der Zutritt zu den Geschäftsräumen unter Berufung auf das Hausrecht verwehrt. Wenn der Einlass in ein Einzelhandelsgeschäft verwehrt wird, dann könnte man glauben, dass die Betroffenen durch das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) vor dieser Art von Diskriminierung geschützt wären: Weit gefehlt. Das Gesetz ist nicht mehr als ein zahnloser Tiger. Liest man sich das aktuelle Fallbeispiel durch, so bleibt letztlich die Erkenntnis, dass Opfer von Diskriminierung und das sind in diesem Fall Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Maske tragen können, am Ende noch verhöhnt werden: (hier klicken).

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes feiert sich dafür, dass sie einen Kompromiss mit einem Ladenbetreiber erreichen konnte: Als Kompromiss wird das Zurverfügungstellen eines Plexiglasvisieres verkauft. Glauben diese Mitarbeiter der Antidiskriminierungsstelle allen Ernstes, dass ein Plexiglasvisier die Luftzirkulation nicht behindert – nur weil diese Art der Maske durchsichtig ist? Mir fällt es schwer, so viel Dummheit in einer Behörde zu vermuten. Aber: Errare humanum est (irren ist menschlich). Abgesehen davon bieten Plastikvisiere keinerlei ausreichenden Schutz.
Das AGG ist unterm Strich nicht mehr als eine Mogelpackung. Eine rechtliche Handhabe von Opfern durch Diskriminierung bietet es nicht. Es lässt die Betroffenen nur allzu oft „im Regen stehen“. Das Gesetz als Durchbruch für benachteiligte Menschen zu feiern, die Opfer von Ungleichbehandlung wurden, ist eine Farce.


Mir und einer Bekannten (und nicht nur uns) erging es am 07.10.2020 nämlich genau so, wie in dem Fall erwähnt. Im Schweriner Schlossparkcenter wurde uns im TK-Maxx der Zutritt verwehrt. Und das obwohl wir ein ärztliches Attest vorweisen können! Die Begründung war, dass die Maskenpflicht grundsätzlich für alle gelte. Unabhängig davon, ob eine medizinische Indikation für das Nichttragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorläge. Auch dieser Fall verstößt – wie viele andere Fälle auch, die sich tagtäglich in unserem Bundesland zutragen, gegen das AGG. Nur hilft es niemandem zu wissen, dass er im Recht ist, wenn einem trotzdem der Einkauf verwehrt wird. Wie viele es sind, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. Wer geht schon gerne damit hausieren, dass er einen „Rausschmiss“ erlebt hat? Immer wieder bekommen Menschen, die keinen Gesichtsschutz tragen können zu hören

  • wir sollen uns nicht so anstellen
  • für 10 Minuten kann man doch wohl mal …
  • mittlerweile habe ja jeder Dritte eine Befreiung
  • so schlimm kann so eine Maske doch nicht sein
  • hätten wir gefälligst zuhause zu bleiben
    und vieles mehr.

Ich hoffe inständig, dass die Menschen, die achtlos andere als „Gefährder“ verunglimpfen, niemals einen schweren Asthmaanfall, eine Panikattacke oder ähnliches erleiden müssen.
Spätestens dann würden diese ihre vorschnell gemachten – bisher noch – verbalen Attacken gegen Menschen die sich aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht schützen können „verkneifen“


Ich gestehe: Ich habe Angst! Die Angriffe werden von Tag zu Tag aggressiver und es fehlt nur noch ein kleiner Funke und aus den verbalen Entgleisungen werden Handgreiflichkeiten. Verschärft sich die Situation – und es hat allen Anschein, dass es das wird – dann werden die Menschen immer gereizter reagieren. Bis zum Lynchmob ist es oft nur ein kleiner Schritt!
Wie viele Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bzw. in Schwerin und Umland vom Tragen der Mund-Nase-Bedeckung befreit sind, konnte ich nicht recherchieren: Weder die Ärztekammer Schwerin- noch der Fachdienst Gesundheit der Stadt Schwerin haben dazu belastbare Daten. Von der Ärztekammer M-V gab es bisher aufgrund von Urlaub einer Mitarbeiterin keine Informationen. Die Aussage dürfte aber analog zu denen, der vorgenannten Stellen sein.

Wie Menschen zu der Aussage kommen, dass ein Drittel der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern maskenbefreit seien – entzieht sich mir vollkommen. Offensichtlich nur billige Polemik, um die eigene lückenhafte Argumentation zu bekräftigen. Denn festzuhalten bleibt: Wenn jemand aufgrund einer medizinischen Indikation keine Maske tragen darf, dann geht ganz gewiss keine erhöhte Gefahr von ihm aus. Diese Personengruppe ist die, die als erstes zuhause verbleibt, wenn Symptome auftreten, die nicht in das Bild passen, was sie ohnehin schon gesundheitlich einschränkt. Während es durchaus vollkommen normal ist, wenn Arbeitnehmer mit einer Infektionskrankheit zum „Job“ gehen und die Ansteckung ihrer Kollegen billigend in Kauf nehmen – weil sie (nicht ganz zu Unrecht) Angst um ihre Jobs haben.

Was ich persönlich so erschreckend finde, ist der Umstand, dass Menschen ohne Anzeichen von Symptomen (Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen, etc.) einer infektiösen Erkrankung verdächtigt werden andere zu gefährden.
Da wäre doch eher ein rücksichtsvoller Umgang mit all denen angeraten, die sich selbst nicht schützen können. Pöbeleien, Anfeindungen, Diskriminierungen, dürfen wir als Gesellschaft nicht tolerieren- und erst recht nicht, dieses Verhalten aktiv zu fördern.

Allgemein, Deutschland, Leben, M-V, Meinung, Politik, Schwerin
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