Eine Bezahlkarte wird bei einer Pressekonferenz gezeigt. Foto: Bodo Schackow/dpa (Foto: dpa)
Schwerin (dpa) – Nach der Festlegung auf eine eigenständige Bezahlkarte für Asylbewerber in Mecklenburg-Vorpommern hat das zuständige Innenministerium in Schwerin die europaweite Ausschreibung gestartet. Die Vergabeunterlagen seien an die EU übermittelt worden. Zudem würden die Anforderungen an die Karte auf dem Vergabeportal des Landes veröffentlicht, teilte das Ministerium am Freitag in Schwerin mit.
Das Vergabeverfahren werde voraussichtlich bis in den Frühherbst hinein dauern. Danach werde zunächst in den beiden Erstaufnahme-Einrichtungen des Landes mit der Ausgabe der Karte begonnen, später auch in den Landkreisen und den beiden kreisfreien Städten, hieß es.
Die meisten Bundesländer hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren geeinigt, das bis zum Sommer abgeschlossen sein soll. Neben Mecklenburg-Vorpommern entschied sich nur noch Bayern für eine eigenständige Ausschreibung. Die Entscheidung der rot-roten Landesregierung in Schwerin, einen Sonderweg einzuschlagen, war bei der Opposition im Landtag auf Kritik gestoßen.
Die CDU äußerte die Befürchtung, dass mehr Bargeld abgehoben werden könne und damit Fluchtanreize erhalten bleiben. «Es wäre aber leider nicht das erste Mal, dass MV mit eigenen Lösungen schneller und besser sein will, aber am Ende abgehängt wird», erklärte der FDP-Abgeordnete David Wulff.
Nach Einschätzung von Innenminister Christian Pegel (SPD) sind die Sorgen unbegründet. Die Bezahlkarte könne für den Kauf von Waren des täglichen Bedarfs genutzt werden. Überweisungen ins Ausland seien nicht möglich, wohl aber monatlich begrenzte Bargeldabhebung. Die Höhe müsse noch festgelegt werden. «Damit halten wir uns an die gemeinsamen Standards, auf die sich die Länder Ende Januar bundesweit geeinigt hatten und stellen sicher, dass bundesweit gleiche Bedingungen umgesetzt werden. Das unterstreicht, dass MV gar keinen sogenannten Sonderweg einschlägt», erklärte Pegel.
Nach seinen Angaben folgt die Landesregierung mit der separaten Ausschreibung für die Bezahlkarte auch dem Wunsch der Landkreise und kreisfreien Städte, um deren besonderen Bedürfnisse besser berücksichtigen zu können. «Wir haben als Land ein Interesse an einer einheitlichen Bezahlkarte in ganz Mecklenburg-Vorpommern, um die Übergänge zwischen der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes und der nachfolgenden Unterbringung in den Landkreisen und kreisfreien Städten, zunächst meist in Gemeinschaftsunterkünften, unkompliziert zu gestalten», erläuterte Pegel.
CDU-Landesgeneralsekretär Daniel Peters bezeichnete Pegels Argumente als «nicht überzeugend». Es sei nicht erkennbar, inwiefern die Kreise und kreisfreien Städte in Mecklenburg-Vorpommern andere Bedürfnisse an das Bezahlkartensystem hätten als Kommunen in anderen Bundesländern. «Aufhorchen lässt, dass das Ministerium nichts zum Thema Bargeldauszahlung sagt. Es steht zu befürchten, dass mit der Bezahlkarte aus MV in beliebiger Höhe am Automaten Bargeld geholt werden kann. MV würde dadurch eine besondere Sogwirkung entfalten», sagte Peters. Er forderte, die Bargeldauszahlung auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen.
Auch FDP-Fraktionschef René Domke mahnte eine plausible Antwort auf die Frage an, weshalb Mecklenburg-Vorpommern eine eigene Ausschreibung vorantreibe. «Das landeseigene Bedürfnis dürfte wohl sein, dass die SPD Zugeständnisse an ihren Koalitionspartner Linkspartei machen muss, die gern die Bargeldauszahlung beibehalten will», mutmaßte Domke, wie zuvor schon Peters.
Mit der Einführung der Bezahlkarte sollen Asylbewerber künftig staatliche Leistungen vorwiegend als Guthaben erhalten und nicht mehr nur als Bargeld. Innenministerium und Kreise erhoffen sich mit dem Wegfall der Bargeldauszahlungen eine Verringerung des Verwaltungsaufwandes. Zudem soll verhindert werden, dass Flüchtlinge Geld an ihre Familie oder Freunde ins Ausland überweisen. Von einigen Parteien werden die in Deutschland gewährten Sozialleistungen als Grund gesehen, speziell in der Bundesrepublik Asyl zu beantragen und damit die Lage der Familien im Heimatland zu verbessern.
Als erstes Bundesland hatte Hamburg damit begonnen, im Rahmen eines Pilotprojektes Bezahlkarten an Asylsuchende auszugeben. Den Angaben zufolge erhält jeder anspruchsberechtigte Erwachsene auf der Prepaid-Karte eine monatliche Gutschrift von 185 Euro, mit der Dinge des täglichen Bedarfs bezahlt werden können. Leistungen für Kinder würden auf der Karte eines Elternteils gutgeschrieben. Auch Barabhebungen sind den Angaben zufolge mit der Karte an Geldautomaten möglich – allerdings nur bis zu einem Höchstbetrag von 50 Euro pro Monat plus 10 Euro für jedes Kind. Auch in einzelnen Landkreisen Deutschlands werden bereits lokale Bezahlkarten genutzt.
In Mecklenburg-Vorpommern hängen die Beträge laut Pegel von der Wohnsituation des Asylbewerbers ab, von dessen Alter und den Vorgaben des Asylbewerberleistungsgesetzes. So würden in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Asylbewerber bislang 148 Euro im Monat erhalten. Ein Teil dieses Taschengeldes werde als Sachleistung gewährt, etwa in Form von Tickets für den Nahverkehr.