Großes Interview: Was will die Partei „Die Basis“ in MV?

Im Zuge der Corona-Einschränkungen gründete sich eine neue Partei. Überraschend wurde nun kundgegeben, dass einer der prominentesten Corona-Maßnahmen-Kritiker, Dr. Wolfgang Wodarg, in Mecklenburg-Vorpommern sogar als Spitzenkandidat aufgestellt wurde. Doch was wollen die Mitglieder überhaupt? Ist es eine Ein-Themen-Partei oder steckt mehr dahinter? Die HANSE RUNDSCHAU fragte nach bei Ronny Poge, dem Vorsitzenden des Kreisverbands Vorpommern-Rügen der Basisdemokratischen Partei Deutschland.

HR: Stellen Sie sich bitte unseren Lesern kurz vor. Was ist Ihre persönliche Motivation, parteipolitisch aktiv zu werden?

Poge: Ich bin seit 34 Jahren verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. Meine Heimatstadt in der ich geboren bin und seitdem lebe ist die Hansestadt Stralsund. Beruflich bin ich selbstständig. In meiner Freizeit engagiere ich mich in drei gemeinnützigen Vereinen. Ich war schon immer politisch interessiert, aber noch nie in einer Partei. Die Unzufriedenheit mit der Arbeit der etablierten Parteien und besonders die Behandlung der Menschen als unmündige Bürger, in der momentan durch die Corona-Krankheit verursachten Situation, hatte mich motiviert politisch aktiv zu werden. Meine Familie leidet seit Monaten unter Berufsverbot und meine ehrenamtliche Arbeit im Sportverein ist durch die Corona-Verordnungen auch schon lange nicht mehr möglich.

HR: „Die Basis“ existiert erst seit dem letzten Jahr. Aus Bodo Schiffmanns „Widerstand 2020“ ging „Die Basis“ hervor. Parallel dazu entstand „Wir 2020“, wenn man der Ostsee-Zeitung glauben schenken kann. Was können Sie dem interessierten Leser über den anscheinend turbulenten Start der Partei erzählen? Sind Sie mit dem Zwischenstand zufrieden?

Poge: Das ist richtig, beide Parteien sind aus der Widerstandsbewegung „Widerstand 2020“ hervorgegangen und haben sich parallel zu einander entwickelt. In den letzten Monaten gab es immer wieder Bestrebungen zusammen zu gehen, da beide Parteien vergleichbare Programme haben und die gleichen Ziele verfolgen. Diese Versuche blieben bisher leider erfolglos. Letztlich entscheiden die Mitglieder darüber und bis jetzt gab es noch keinen Konsens für einen Zusammenschluss. Eine Zusammenarbeit auf regionaler Ebene ist natürlich möglich, ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen. Im Gegensatz zu WIR2020 hat sich die Basis Partei in den letzten Monaten rasant entwickelt. Nicht nur der große Mitgliederzuwachs, momentan sind es ca. 15 000 Mitglieder, auch die Strukturen festigen sich immer mehr. Mittlerweile gibt es in allen Bundesländern Landesverbände mit zahlreichen Kreis- und Ortsverbänden.

HR: Fällt der Name Ihrer Partei, wird oft im selben Atemzug die derzeitige Coronapolitik angeprangert. Ist „Die Basis“ eine Corona-Protestpartei? Wie sähe Ihr Umgang mit der Coronasituation aus?

Poge: Aufgrund unserer basisdemokratischen Ziele und Inhalte sind wir für die politischen Mitbewerber schwer greifbar. Deshalb werden wir gerne als Corona-Leugner bezeichnet, da das der einzige Ansatzpunkt ist uns negativ darzustellen. Tatsächlich sind wir weder Corona-Skeptiker oder gar Verschwörungstheoretiker. Wir selbst bezeichnen uns als Realisten, da wir uns ausschließlich auf die offiziellen Zahlen und Statistiken von Behörden und sonstigen Fachinstitutionen beziehen. Damit möchten wir die Menschen aufklären und dazu motivieren sich selbst zu informieren. Zu Beginn der Pandemie Anfang 2020 war die Verunsicherung bei den Menschen natürlich sehr groß, da keiner genau wusste wie gefährlich der Virus ist. Heute wissen wir, dass die voraus gesagten Todeszahlen nicht eingetreten sind und der Virus nicht der verkündete „Killer-Virus“ ist. Deshalb ist es für uns umso unverständlicher, dass die Corona- Maßnahmen ständig weiter verschärft werden, anstatt sie der Gefährlichkeit der Krankheit anzupassen. Der Virus hat uns gezeigt, dass die Umstrukturierungen im deutschen Gesundheitssystem und die Entscheidungen Krankenhäuser in Kapitalgesellschaften umzuwandeln – bei denen nicht mehr die Gesundheit der Patienten im Vordergrund steht
sondern die Renditen der Aktionäre – ein großer Fehler war. Durch die vielen Schließungen von Krankenhäusern in den letzten Jahren und dem massiven Abbau von Klinik- und Pflegepersonal kam unser Gesundheitssystem bereits vor der Corona-Epidemie unter Druck. Auch die sehr mangelhafte Vorbereitung unserer Regierung auf epidemische Lagen hat zur angespannten Situation beigetragen.

HR: Jeder Landesverband der Partei verfügt über einen „Säulenbeauftragten“, einen „Schwarmbeauftragen“, außerdem einen „Visionsbeauftragen“. Was kann man sich darunter vorstellen?

Poge: Das Fundament unserer basisdemokratischen Arbeit sind die vier Säulen: Freiheit, Machtbegrenzung, Achtsamkeit und Schwarmintelligenz. Die erste Säule steht für freiheitliche Selbstbestimmung auf der Grundlage unserer Grundgesetze. Unter Machtbegrenzung verstehen wir, dass politische Entscheidungen von den Menschen kommen und nicht von einer Elite von oben herab vorgegeben werden. Achtsamkeit bedeutet für uns der liebevolle und respektvolle Umgang untereinander und mit anderen
Menschen. Unter Schwarmintelligenz verstehen wir die Nutzung von Wissen und Bildung vieler Menschen die sich bei uns einbringen oder uns beratend zur Seite stehen. Dieses Wissen wird in Arbeitsgruppen strukturiert und gebündelt, um dem gesamten Basis- Schwarm zur Verfügung zu stehen. Die Säulenbeauftragten sind die Ansprechpartner für unsere Mitglieder bezogen auf diese Themen und sind verantwortlich für die Einhaltung und Umsetzung dieser Grundsätze. Die Schwarmbeauftragten sind direkt für die Mitglieder Ansprechpartner und kümmern sich um die Mitgliederstruktur. Die Visionäre entwickeln
Konzepte und Strategien für die Zukunft, die dann in den AGs von den Mitgliedern verarbeitet werden.

HR: „Die Basis“ ist basisdemokratisch aufgebaut. Inwiefern unterscheidet sie sich hinsichtlich der inneren Organisation von anderen Parteien?

Poge: Wir versuchen unsere Mitglieder in Entscheidungsprozesse direkt mit einzubeziehen und nutzen dazu ein anderes System als andere Parteien. Bei uns werden Entscheidungen durch das manuelle oder systemische Konsensieren getroffen. Dabei haben die Mitglieder bei Entscheidungen nicht nur die drei Möglichkeiten Ja, Nein oder Enthaltung, sondern ein
breiteres Spektrum. Jedes Mitglied hat elf Abstimmungsmöglichkeiten von 0 bis 10. Null bedeutet keinen Widerstand gegen den Vorschlag und zehn bedeutet praktisch die Ablehnung des Vorschlages. Dazwischen haben die Mitglieder ein größeres Spektrum zur Verfügung um Entscheidungen zu treffen. Beschlossen wird immer der Vorschlag der die wenigsten Widerstandspunkte hat. Das Verfahren hat gezeigt, dass nach diesem Abstimmungsverfahren die Ergebnisse ganz anders ausfallen können als bei der herkömmlichen Abstimmung. Das Konsensieren kann manuell mit einem Fächer, auf dem die zehn Zahlen dargestellt sind, durchgeführt werden oder systemisch mittels dem Internet-Tool Acceptify, das in Österreich entwickelt wurde. Für jedes gesellschaftliche Thema gibt es in der Partei Arbeitsgruppen in denen sich die Mitglieder damit auseinander
setzen. Die erarbeiteten Konzepte und Lösungsvorschläge werden von den Mitgliedern konsensiert. Dabei setzen sich die besten Vorschläge durch und werden in die Praxis umgesetzt. Dieses Verfahren empfinden die Mitglieder als das gerechtere System.

HR: Laut Ihrer Netzseite (diebasis-partei.de) unterstützen Sie die Umstellung der Energiewirtschaft auf Klimaneutralität und ökologische Nachhaltigkeit. Besteht hier Konsens mit den Grünen? Worin unterscheiden Sie sich?

Poge: Leider sieht man bei vielen Parteien, dass sie ihre Ideale aufgeben sobald sie an der „Macht“ sind. Das wollen wir besser machen als die “Grünen“. Natürlich sind ökologische Konzepte notwendig um eine gesunde Umwelt zu erhalten und die vorhandenen Ressourcen behutsam zu nutzen. Das haben die “Grünen“ ja nicht erfunden und dazu sind wir auch den
kommenden Generation gegenüber verpflichtet. Der Wohlstand der Menschen erhöht sich auch in den Entwicklungsländern und sie möchten so leben wie wir. Unser Lebensstil kann aber für sie kein Vorbild sein, denn wir verschwenden viel zu viele Ressourcen. Auch bei der Energie-Wende kann man besser werden in dem man zum Beispiel mehr auf geothermische Energieerzeugung setzt. Bei den Fahrzeugen hatten wir mit der Umrüstung auf Flüssiggas bereits vor Jahren eine sehr gute Lösung für die Verringerung der Umweltbelastung. Leider wurde auch diese Technologie nicht weiter gefördert.

HR: Ihrer Netzseite ist zu entnehmen, dass „die Krisen unserer Zeit – ob Finanz- bzw. Wirtschaftscrashs, Umweltzerstörung oder Corona – im Zusammenhang mit einer Krise unserer Demokratie stehen.“ Das lässt viel Raum für Interpretation. Könnten Sie das präzisieren?

Poge: Nach unserer Ansicht sollte die Wirtschaft den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Es zeichnet sich seit einigen Jahren ab, dass immer mehr die großen multinationalen Konzerne bestimmen in welche Richtung es geht. Sie nutzen ihre Machtposition aus um kleinere Konkurrenten auszuschalten und den kompletten Markt zu übernehmen.
Damit wird der Mittelstand zerstört der eigentlich das wirtschaftliche Rückgrat unserer Gesellschaft ist. Die mächtigen Konzerne setzen ihr Kapital für Lobbyismus ein, um Einfluss auf die Politiker zu nehmen. Diese handeln dann nicht im Sinne der Bevölkerung, sondern so wie es die Wirtschaftsbosse von ihnen erwarten. Dem muss dringend entgegen gewirkt werden, um den „Filz“ von Politik und Wirtschaft zu entflechten.
Ein sehr gutes Beispiel ist die Privatisierung des weltweiten Saatgutes. Wenige Konzerne legen fest welche Pflanzensorten angebaut und welche Düngemittel, Herbizide und Pestizide eingesetzt werden. Damit haben sie das Monopol über die Lebensmittelversorgung der Menschen weltweit. Auch die Privatisierung des Trinkwassers hat bereits begonnen.

HR: „Die Basis“ setzt sich für solidarisches Wirtschaften ein. Das Wirtschaftsleben beruhe auf individueller Initiative und Interessenausgleich. Es dürfe deshalb nicht vom Staat gelenkt werden und müsse auf gegenseitigen Absprachen der Wirtschaftsteilnehmer und auf freier Preisbildung beruhen. Wie ließe sich die Forderung nach „solidarischem Wirtschaften“ mit einem Verzicht des Staates auf Eingriffe in die Wirtschaft vereinbaren?

Poge: Es sollte allen Menschen in den industrialisierten Ländern klar sein, dass der momentane Lebensstil der auf Verschwendung und Überproduktionen beruht nicht dauerhaft so weitergeführt werden kann. Die Aktionäre können nicht jedes Jahr ein ständiges Wirtschaftswachstum und steigende Renditen voraussetzen. Wir müssen Maß halten und dürfen die Ressourcen der Erde nicht überstrapazieren. Also muss es ein Umdenken geben.
In Genossenschaften können sich die Menschen organisieren und ein nachhaltiges und Ressourcen schonendes Leben führen. Es wird nur das erwirtschaftet was für den Binnenmarkt und den Export benötigt wird. Überproduktionen durch Massentierhaltung, die nur die Umwelt belasten und letztlich auf dem Weltmarkt für Dumpingpreise verschleudert
werden, müssen verhindert werden. Ebenso wie die massenhafte Produktion von Kunststoffverpackungen und die Herstellung von minderwertigen Billigprodukten, für die wichtige Bodenschätze verschwendet werden.

HR: Im breit gefächerten, oppositionellen Spektrum der Gesellschaft werden häufige Forderungen nach einer engeren Bindung an Russland, dem Austritt aus der Nato oder auch der Europäischen Union laut. Steht Ihre Partei auch für eine neue außenpolitische Ausrichtung Deutschlands? Wenn ja, was darf der Wähler hier erwarten?

Poge: Wir orientieren uns mehr an der Schweiz. Man sollte versuchen mit allen Völkern friedlich und respektvoll zusammen zu leben. Wenn man selbst ein großer Waffenhersteller und Waffenexporteur ist dann beteiligt man sich indirekt auch an Konflikten und Kriegen unter denen die Menschen leiden müssen. Zurückhaltung und Diplomatie wären Grundsätze für uns um ein friedliches Auskommen miteinander zu gewährleisten. Leider setzen sich
auch auf diesem Gebiet die wirtschaftlichen Interessen gegenüber der Politik durch. Das politische System der Schweiz ermöglicht den Menschen u.a. durch Volksentscheide eine direkte Einflussnahme auf wichtige politische Entscheidungen.

HR: Ihrer Partei wird Nähe zur „Querdenker“-Bewegung nachgesagt. Diese wird nun bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. Ziehen Sie daraus irgendwelche Konsequenzen?

Poge: Die Querdenkenbewegung richtet sich eher an Bürgerbewegungen und Widerstandsgruppen, die gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung demonstrieren. Wir unterstützen zwar gemäßigte Protestbewegungen werden aber von ihnen nicht gewählt. Die meisten Bürgerbewegungen lehnen das deutsche Parteiensystem, zu dem wir ja jetzt auch gehören,
ab. Das tun wir eigentlich auch. Wir wissen allerdings, dass wir als Interessengemeinschaft keinerlei politischen Einfluss haben und sind deshalb den Schritt zur Parteigründung gegangen. Jeder kann sich in unserer Satzung über unsere Grundsätze, Inhalte und Ziele informieren. Dann wird er sehen, dass wir eine Partei sind die alle friedlichen Menschen ansprechen möchte und Extremismus ablehnt.

HR: In diesem Jahr sind nicht nur Bundestagswahlen, in M-V wird außerdem ein neuer Landtag gewählt. Tritt „Die Basis“ bei beiden Wahlen an? Stehen die Listen Ihrer Kandidaten schon fest? Was können Sie uns schon über die Kandidaten verraten?

Poge: Wir haben am 24. und 25. April in Güstrow unsere Kandidaten für die Bundestags-und Landtagswahl aufgestellt. Für die Landesliste haben wir siebzehn Kandidaten gewählt und für die Bundestagsliste vier. Unser Spitzenkandidat für den Bundestag ist Dr. Wolfgang Wodarg. Wir sind sehr stolz, dass er für die Basis Partei in Mecklenburg- Vorpommern antritt. Mit Dr. Wodarg haben wir einen absoluten Fachmann im Bereich Gesundheit. Er hat drei Facharztqualifikationen und war schon in vielen Gesundheitsausschüssen tätig. Von 1988 bis 2021 war er Mitglied in der SPD und verfügt damit auch über sehr viel politische Erfahrung. Einen besseren Spitzenkandidaten hätten wir uns nicht wünschen können. Dementsprechend motiviert gehen wir in den Wahlkampf. Natürlich wissen wir, dass wir als junge Partei weniger Chancen haben gewählt zu werden als die etablierten Parteien mit ihrer Stammwählerschaft. Diese Nachteile versuchen wir durch neue Konzepte dem Engagement unserer Mitglieder und prominente Unterstützer auszugleichen. Da wir nicht von der staatlichen Parteienfinanzierung profitieren können hoffen wir auf die Unterstützung durch Spenden für den Wahlkampf.

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