Häusliche Gewalt: Kein eindeutiger Trend wegen Corona

 Foto: Jan-Philipp Strobel/dpa/Symbolbild

Rostock/Greifswald (dpa/mv)

Zu Beginn der Pandemie sind viele Experten davon ausgegangen, dass im Zusammenhang mit dem Lockdown und den Kontaktbeschränkungen die Zahl von häuslichen Gewalttaten steigen werden. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es keinen eindeutigen Trend.

Die Opferambulanzen an den beiden Universitätskliniken in Rostock und Greifswald haben im Coronajahr 2020 unterschiedliche Entwicklungen erlebt. Während in Rostock die Zahl der Fälle anstieg, sank sie in Greifswald. Wie die Chefin der Greifswalder Ambulanz, Britta Bockholdt, sagte, seien dort im vergangenen Jahr 77 Erwachsene und 57 Kinder untersucht worden. Im Jahr zuvor waren es noch 106 Erwachsene beziehungsweise 80 Kinder.

Bockholdt führte diesen Effekt auf die coronabedingten Kontaktbeschränkungen beziehungsweise die große Vorsicht bei Kontaktaufnahmen zurück. Auch seien die Schnittstellen, bei denen Kinder mit Verletzungen häufig auffallen, wie Kitas, Tagesmütter oder Schulen zeitweise geschlossen gewesen.

In Rostock wurden dagegen 209 Fälle von häuslicher Gewalt registriert, das waren etwas weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig seien dabei Kinder mit 159 Fällen deutlich überrepräsentiert gewesen, sagte die Leiterin der Ambulanz, Verena Kolbe. In den Vorjahren hätten sich die Fälle von Kindern und Erwachsenen die Waage gehalten.

Für Kolbe ist diese Häufung mit der Coronapandemie verknüpft. Denn zahlreiche Fälle seien in der Ambulanz kurz nach dem ersten Lockdown aufgetaucht. Kolbe betonte aber, dass es neben den Fällen von Gewaltanwendung und sexuellen Übergriffen auch Fälle gab, in denen ein Misshandlungsverdacht nicht bestätigt werden konnte.

Für den Sprecher der Deutschen Kinderhilfe, Rainer Becker, sind beide Entwicklungen mit Corona-Effekten erklärbar. So gingen Experten davon aus, dass im Hellfeld die Zahl von Gewalt in Familien durchaus rückläufig sein kann. Die Betroffenen hätten kaum Gelegenheit, Anzeige zu erstatten. Dass in Rostock die Zahl der Fälle gestiegen sei, könne mit der offensiven Öffentlichkeitsarbeit zusammenhängen. Es sei auch zu beachten, dass im meist ländlichem Einzugsgebiet der Uni Greifswald andere Strukturen herrschen als in Rostock.

Allgemein, Greifswald, Leben, M-V, Rostock
Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Deinen Besuch stimmst Du dem zu.